Die MEDIENWOCHE ist ein digitales Magazin für Medien, Journalismus, Kommunikation & Marketing. Die Redaktion beobachtet und begleitet publizistisch die Entwicklung der Branche in der Schweiz, verfolgt aber auch internationale Trends. Neben den redaktionellen Eigenleistungen bietet die MEDIENWOCHE mit dem «Medienmonitor» (zweimal wöchentlich) und der wochentäglichen Rubrik «Auf dem Radar» Lektüreempfehlungen aus nationalen und internationalen Medien.
«Schau aber nicht so lang, sonst kriegst du noch viereckige Augen, haha!» ist ein Spruch, der es bis in die letzten Winkel der Bundesrepublik geschafft hat. Aber woher kommt diese immer wiederkehrende Skepsis gegenüber neuen Medien?
Manfred Spitzer schreibt Bestseller um Bestseller. Dabei geht es im Kern immer um das Gleiche: wie das Internet unser Leben zerstört. Jan Stremmel hat sich für die «Süddeutsche Zeitung» auf die Suche nach dem Erfolgsrezept des umstrittenen Psychiaters und Buchautors gemacht. An der fachlichen Kompetenz kann es nicht liegen, denn: «Spitzers Thesen sind wissenschaftlich mindestens umstritten, oft interpretiert er Zahlen einfach so, wie es ihm passt.» So interpretiere er einfach Korrelation kausal. Es ist daher vielmehr Spitzers knackige und knallige Kommunikation, die den «Warner vor der digitalen Apokalypse» zum gern gebuchten Vortragsredner macht und auch bei Zweiflern einen Nerv trifft. «Einen typischen Spitzer-Satz erkennt man auch daran, dass man sich selbst möglicherweise beim Nicken ertappt», schreibt Stremmel.
Die Gesellschaft ist mit einem massiven soziotechnischen Wandel konfrontiert, der neue Institutionen hervorbringt. Noch fehlt es an Leitbildern und Normen für deren Ausgestaltung. Doch die Social-Media-Firmen schaffen bereits Fakten.
Wo hört heute Presse auf und wo fängt Rundfunk an? Die Frage ist mehr als nur ein medienphilosophisches Gedankenspiel. In Deutschland geht es aktuell darum, ob Live-Streaming-Angebote der «Bild»-Zeitung als Rundfunk gelten und eine entsprechende Lizenz brauchen. Axel-Springer bestreitet diesen Sachverhalt und bereitet sich auf einen rechtlichen Streit vor.
Die Digitalisierung sorgt für kräftige Wirbel im Blätterwald. Doch nicht nur die privaten Medien stehen unter Druck, auch die öffentlichen. Immer weniger Leute sind bereit, für Medieninhalte zu zahlen. Doch wo führt das hin? Und wer sorgt am Ende für eine kritische Reflexion politischer Prozesse?
Sie haben das Internet einmal durchgespielt. Auch Jugendliche der Generation Z (Geburtsjahrgänge zwischen 1998 und 2010) fühlen sich gelangweilt, obwohl sie ständig online sind. «Für viele Jugendliche haben Smartphones und das Internet bereits an Attraktivität verloren», schreibt Taylor Lorenz auf The Daily Beast.
«Warum zum Teufel», fragt der Physiker und Wissenschaftspublizist Florian Aigner, «ist das Internet voll von banalen Beauty-Tipps, politischen Hetzparolen und dummen Verschwörungstheorien?» Die Antwort ist einfach und zugleich kompliziert. Es geht um Aufmerksamkeits-Ökonomie, also darum, wem wir welchen Teil unserer Lebenszeit im Internet widmen. «Mit jeder Stunde, die wir an nutzlose Pseudoinformation verschwenden, verzichten wir auf eine Stunde wertvolle Geistesnahrung», schreibt Aigner. Aber wie ändern? Hier bleibt nur der Appell an die gesellschaftliche Verantwortung von uns allen bei der Mediennutzung. «Wir sollten sie nicht jenen schenken, die uns kurzfristig unterhalten, sondern jenen, die uns als Gesellschaft besser, klüger und zukunftstauglicher machen.»