von Nick Lüthi

The Good, The Bad & The Ugly CI

Beobachter, Breitling, Bildverunstaltung

The Good – Love Football, not Fifa

Schauen oder nicht schauen? Die Frage treibt derzeit Fussball-Fans um. Sollen sie ab dem 20. November die Spiele der Weltmeisterschaft in Katar boykottieren oder halt doch den Fernseher einschalten, wenn die Schweizer Nati spielt? Dass Fussball viel mehr ist als die zunehmend zweifelhaften Grossveranstaltungen von Fifa und Uefa, dokumentiert derzeit auf eindrückliche Weise der «Beobachter». Sein aktuelles Online-Dossier heisst nicht zufällig «Unser Fussball».

Da geht es um die Liebe zum runden Leder in all seinen Facetten, fernab von Spitzensport und Big Business. Ob die Reportage von der Bergdorf-Meisterschaft im Oberwallis, das Porträt eines Pioniers im Gehfussball (ja richtig, Fussball ohne zu rennen), oder das Interview mit Reporterlegende Beni Thurnheer («Bei Katar kommt keine Freude auf»): Die zahlreichen Texte bieten ein willkommenes Kontrastprogramm zur anstehenden WM.

Dass der «Beobachter» dies bietet, überrascht nur auf den ersten Blick. Seine Fussballkompetenz bewies das Magazin schon früher. Etwa mit einer multimedialen Langzeitreportage über den FC Emmenbrücke, für die es 2018 einen Swiss Press Award gab.

The Bad – Übergriffige Uhrenmarken

Viel zu reden gab diese Woche ein «Interview» von «Blick»-Sportchefin Steffi Buchli mit dem norwegischen Fussballsuperstar Erling Haaland. Dass Buchli die Fragen schriftlich stellte, ja stellen musste, ginge ja noch. Das ist inzwischen gängige (aber deshalb nicht gute) Praxis. Man kann «Blick» und Buchli dafür schelten – wie das ausgiebig geschehen ist – dass sie sich auf den Interview-Deal eingelassen haben.

Man kann aber auch die Rolle und das Selbstverständnis der Luxus-Uhrenfirmen kritisieren: Sie behandeln ihre Markenbotschafter wie die teuren Zeitmesser, die sie auch nur rausrücken, wenn sie mit wohlwollender Berichterstattung rechnen können. Entsprechend selten sehen sich Breitling und Co. mit kritischem Journalismus konfrontiert. Trotz der grossen Tradition und der volkswirtschaftlichen Bedeutung der Uhrenindustrie in der Schweiz dreht sich die Berichterstattung über die Branche grossteils um neue, teure Uhrenmodelle. Was die Hersteller wiederum mit grossflächigen und gut bezahlten Inseraten honorieren.

Einen einfachen Ausweg aus der Abhängigkeit gibt es nicht. Übergriffige Angebote dezidiert zurückzuweisen, wie das Promo-Interview mit Erling Haaland, wäre ein Anfang. Die «Sonntagszeitung» hats getan, «Blick» leider nicht.

The Ugly – Hässlicher Werbeaufkleber

Es wäre weiterhin nicht falsch, wenn sich in einem Medienunternehmen der Verlag möglichst von der Redaktion fernhält; früher trennte die beiden Bereiche sogar eine «chinesische Mauer». Da diese strikte Trennung längst erodiert ist, dürfte man immerhin erwarten, dass dafür das gegenseitige Verständnis zugenommen hat; dass sich also auch die Werbeabteilung dafür interessiert, wie Journalismus funktioniert und ihn respektiert.

Von wenig Respekt zeugte ein Werbemittel auf der Titelseite von «20 Minuten» am vergangenen Dienstag. Da hatte sich die Redaktion ein attraktives und originelles Titelbild überlegt mit vier Frauengesichtern, die zeigten, wie sich die weibliche Kopfbedeckung im Iran in den vergangenen gut hundert Jahren verändert hat. Doch das vierte Bild wurde praktisch passgenau von einem Werbeaufkleber überdeckt – Energy Milk statt Frauenrechte. Am Mittwoch oder Donnerstag hätte der Kleber nicht weiter gestört, weil die Zeitung dann mit grossflächigen Bildern aufmachte. Wie konnte das also geschehen?

«Diese Sticker werden maschinell auf eine vordefinierte Fläche aufgeklebt. Eine Ausweichmöglichkeit besteht aktuell nicht, wir werden jedoch Optimierungen prüfen», erklärt Iris Blättler, Leiterin Kommunikation der TX-Werbevermarkterin Goldbach. Und: «Wir bedauern, dass der Sticker bei einigen Exemplaren unvorteilhaft platziert war.» Shit Happens. Aber es wird nicht das letzte Mal gewesen sein.