The Good, The Bad & The Ugly CV
«20 Minuten»-Chefin, NZZ-Aktivisten, SP-Bundesrätin
The Good – Erste Chefredaktorin für «20 Minuten»
Per 1. Februar 2023 tauschen Gaudenz Looser und Desirée Pomper die Rollen: Looser amtet aktuell noch als Chefredaktor von «20 Minuten», Pomper ist seit Frühjahr 2021 seine Stellvertreterin.
Die 38-Jährige arbeitet seit 13 Jahren bei der Gratiszeitung. 2009 begann sie als Inlandredaktorin. Danach war sie unter anderem Leiterin der Ressorts Politik, Reporter und Gesellschaft. Zuletzt gründete sie das Ressort Video/Story, wo sie mehrere Videoformate entwickelte. Ende 2021 lancierte sie eine Social-Media-First-Strategie, um die «Demokratie zu stärken».
Desirée Pomper hat wesentlich dazu beigetragen, dass «20 Minuten» vermehrt auch inhaltlich tiefergehende Formate veröffentlicht. So vermochte ihr Beitrag zur Rasta-Diskussion im vergangenen Sommer «20 Minuten» ein bisschen aus dem peinlichen Sumpf zu heben, wo man sich zuvor selber hineinmanövriert hatte. Die Journalistin arbeitet selbst auch immer wieder an aufwändigeren Geschichten. Besonders hervorgestochen ist zuletzt ihre Reportage aus Beirut über Hausangestellte, die in den von Herzog & de Meuron entworfenen Luxushäusern arbeiten.
Der Führungswechsel erfolgte auf Initiative von Gaudenz Looser, erzählt der scheidende Chefredaktor im Interview mit persoenlich.com. Die Zeit sei reif. Das kann man nur unterschreiben.
The Bad – Aktivisten sind immer die anderen
Im Klimajournalismus grassiere der Aktivismus, kritisierte die NZZ letzte Woche. In ihrem Kommentar beschreibt die Autorin ein Zusammentreffen eines «Spiegel»-Journalisten mit der Klimaaktivistin Luisa Neubauer und wirft ihm vor, der Text erinnere eher an ein «Meet and Greet» mit seinem Idol. Kritische Fragen fehlten dem Interview gänzlich. So weit, so fair. Die Vermischung von Aktivismus und Journalismus ist ein Thema, das die Branche schon seit längerem beschäftigt und man kann diese Entwicklung durchaus kritisch sehen.
Doch am selben Tag, an dem der kritische Kommentar zum Klimajournalismus erschienen ist, veröffentlichte die NZZ einen regelrechten Lobgesang auf die neue Denkfabrik Republik 21, eine «Ideenschmiede für neue, bürgerliche Politik» – bei dem NZZ-Chefredaktor Eric Gujer und NZZ-Berlin-Redaktorin Susanne Gaschke im Beirat sitzen. Das wird zwar in einem Halbsatz erwähnt (Gujer, Gaschke nicht). Das Beispiel zeigt aber trotzdem: Bei der Vermischung von Aktivismus und Journalismus misst man bei der NZZ offenbar mit unterschiedlichen Ellen.
The Ugly – Geht das? Gehts noch!
Man kann es als Zirkus bezeichnen, was die Medien rund um die Nachfolge der zurücktretenden Bundesrätin Simonetta Sommaruga veranstalten: In der Mitte eine Manege, in der einige ein Spektakel aufführen, andere rufen von der Seite ab und zu etwas hinein. Und manchmal wird auch jemand in die Manege gezerrt, der gar nichts mit alledem zu tun haben will. Die SP-Spitze möchte sicher eine Frau und gerne eine junge Mutter. Das gibt zu reden, denn selbstverständlich passt das erstens nicht allen und zweitens scheint es noch immer ein Aufreger zu sein, wenn die SP fordert, wofür sie seit jeher einsteht.
«Eine Bundesrätin mit kleinen Kindern, geht das?», titelte der Tages-Anzeiger. Der Artikel selber war zwar ausgewogen und zeigte aber auch, dass in Italien Frauen problemloser als in der Schweiz in wichtige politische Ämter kommen. Dass diese Frage 2022 tatsächlich noch immer ein Thema ist, oder vielmehr: zum Thema gemacht wird, langweilt eigentlich nur noch. Die Basler SP-Ständerätin Eva Herzog, die für Sommarugas Nachfolge kandidiert, brachte es auf den Punkt: «Männer fragt man nie nach ihren Kindern und ihrem Alter».
Als Alain Berset 2011 für den Bundesrat kandidierte, war er 39 und hatte drei Kinder im schulpflichtigen Alter. Damals führten die Medien keine Grundsatzdebatte über die Verträglichkeit von Elternschaft und Regierungsamt.