AUF DEM RADAR

Täglich lesen, was die Medien bewegt.
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Von Montag bis Freitag vier aktuelle Lektüretipps aus schweizerischen und internationalen Publikationen zum Medienwandel. Ausgewählt und kommentiert von Nick Lüthiredaktion@medienwoche.ch Jetzt auch als Newsletter abonnieren.

Apple News: Handarbeit statt Algorithmen

Was man gerne vergisst ob der hitzigen Debatte um die dominante Rolle von Facebook und Google im globalen Newsgeschäft: Auch Apple mischt mit. Allerdings mit einem viel kleineren Fussabdruck als die beiden anderen Giganten. Anders als Facebook und Google vertraut der Computer- und Smartphone-Hersteller bei der News-Auswahl nicht auf Algorithmen, sondern setzt hauptsächlich auf Handarbeit. Apple beschäftigt eine Redaktion. Rund dreissig Journalistinnen und Journalisten wählen Artikel aus, die sie in der «Apple News»-App empfehlen. Im deutschsprachigen Raum erreicht man den Dienst vorerst nur über ein Widget auf dem iPhone-Startbildschirm. Die New York Times konnte einen Blick hinter die Kulissen werfen und sich mit Chefredaktorin Lauren Kern über ihr Verständnis der News-Kuration unterhalten. «Kern kritisiert das Argument, dass Algorithmen der einzige Weg sind, um Vorurteile zu vermeiden, weil Verzerrungen in den Code des Algorithmus eingebrannt werden können, z.B. ob er Medienunternehmen als liberal oder konservativ bezeichnet», schreibt Jack Nicas in der New York Times. «Sie argumentierte, dass der Mensch – mit all seinen Vorurteilen – der einzige Weg sei, um Verzerrungen zu vermeiden.»

Weltweit werden weiterhin Milliarden für journalistische Angbote ausgegeben

Mit dem Vertrieb von Zeitungen, Publikums- und Fachzeitschriften – gedruckt und digital – wurden im vergangenen Jahr weltweit 113 Milliarden Dollar umgesetzt. Gegenüber 2016 bedeutet das nur einen leichten Verlust. Die Zahlen zusammengetragen hat das Beratungsfirma PricewaterhouseCoopers PwC. Der Grossteil der Erlöse erzielen weiterhin Tageszeitungen mit einem weltweiten Umsatz von 61 Milliarden Dollar. Auch in Deutschland, Österreich und der Schweiz liegen die Zeitungen an der Spitze. «In allen drei Ländern geben die Menschen den grössten Teil ihres Pressebudgets für Zeitungen aus und den Rest fast komplett für Publikumszeitschriften. Fachmedien spielen im Lesermarkt nur eine untergeordnete Rolle», schreibt Markus Schöberl, der die PwC-Zahlen angeschaut hat. Bei den digitalen Erlösen aus dem Zeitungsmarkt liegt die Schweiz mit einem Anteil von fünf Prozent am Gesamtumsatz leicht unter dem weltweiten Durchschnitt.

Über das schwierige Verhältnis von Journalismus und populistischer Politik

Eigentlich geht es nicht zusammen: Medien, die sich bemühen, faktentreu zu berichten und ein Teil des Publikums, der sich um Fakten schert und seine «Wahrheit» für die einzige richtige Hält. Der österreichische Journalist und ORF-Moderator Armin Wolf hat sich zu diesem schwierigen Verhältnis Gedanken gemacht. Er fragt: Wie erreichen wir diese Menschen noch mit seriösen Medien? Antwort kennt Wolf keine. Nur Erklärungen. Befeuert würde die «alternative», faktenferne Sichtweise auf die Welt von Politikern, wie Heinz-Christian Strache in Österreich oder Donald Trump in den USA, von dem die New York Times jüngst schrieb: «Ein Präsident, der nicht nur ein Recht auf seine eigene Meinung haben will, sondern auch auf seine eigenen Fakten.» Ja, was tun? Wolfs Appell klingt ebenso richtig, wie auch einigermassen ratlos: «Wie wir diesen Teil des Publikums nicht völlig verlieren – das halte ich für eine ganz elementare Frage an unsere Profession.»

Zeit sparen mit zehn Fingern

Es ist wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis wir auch längere Texte mittels Spracheingabe erfassen. Vorläufig bleibt aber der einfachste Weg die Tastatur. Und am schnellsten geht es mit dem Zehnfingersystem. Martin Weigert hat der «völlig unterschätzten Superkraft» eine Kolumne in t3n gewidmet: «Es steht ausser Frage, dass die in das Erlernen des Zehnfingersystems geflossene Zeit angesichts des vergleichsweise geringen Aufwands und der weitreichenden Auswirkungen auf die Produktivität eines der vermutlich besten Investments in die persönliche Entwicklung darstellt, das man seit dem Beginn des Informationszeitalters tätigen konnte.»

Weitere Beiträge dieser Woche

Nun fordern die Schweizer Verleger doch wieder ein Leistungsschutzrecht

Kehrtwende um 180 Grad beim schweizerischen Verlegerverband. Vor fünf Jahren hielt die Branchenorganisation gegenüber der MEDIENWOCHE fest: «Ein Leistungsschutzrecht ist für den Verband kein Thema mehr.» Heute heisst es: «Es ist angebracht, ein entsprechendes Recht auch im eidgenössischen Urheberrecht einzufügen.» Damit fordern die Verleger ein rechtliches Instrument, das es ihnen ermöglicht, Suchmaschinenbetreiber und andere Dritte, die ihre Inhalte im Web verbreiten, zur Kasse zu bitten. In der aktuellen Mitteilung schreibt der Verband dazu: «Die Newsaggregatoren schaffen mit dem Zusammentragen von News ein attraktives Gesamtangebot, durch das sie eigene Werbeeinnahmen für fremdproduzierte Inhalte generieren können. Die Verlage dagegen haben einen grossen Aufwand für die Produktion dieser Inhalte geleistet. Ihnen entgehen durch die Aggregatoren erhebliche Werbeeinnahmen, die ihnen für das fortwährende Informieren der Gesellschaft eigentlich zustehen müssten.»

Genau gleich klang es vonseiten der Verleger bereits vor acht Jahren. Doch dann rückten sie von der Forderung ab, mit dem Hinweis auf die schweizerische Rechtssystematik: Ein Leistungsschutzrecht nach deutschem Vorbild vertrage sich schlecht mit dem hiesigen Urheberrecht. Das war ein weiser Entscheid. Denn in der Praxis erweist sich die Regelung in Deutschland als «realitätsfernes Quatschgesetz».

Inzwischen gibt es ein europäisches Leistungsschutzrecht. Aufgrund dieser Entwicklung und weil die Schweizer Verleger nicht abseits stehen möchten, kramten sie ihre alte Forderung aus der Mottenkiste. «Der Verband Schweizer Medien trägt die neue europäische Lösung des Leistungsschutzrechts mit und ist zuversichtlich, dass sich dieses auch wirkungsvoll umsetzen lässt», teilt Andreas Häuptli, Geschäftsführer des Verlegerverbands, auf Anfrage mit.

Kritische Stimmen haben es schwer am Digitaltag

Zum zweiten Mal fand gestern der sogenannte Digitaltag statt. Mit zahlreichen Veranstaltungen im ganzen Land sollte das Potenzial der Digitalisierung für die Entwicklung der Schweiz in Erinnerung gerufen werden. Bundesrätinnen und Bundesräte traten auf, Prominente und weniger Prominente priesen die Segnungen von Nullen und Einsen. Kopf hinter dem Digitaltag ist Ringier-Chef Marc Walder, entsprechend waren es vor allem die Ringier-Medien, die im Vorfeld auf allem Kanälen für den Digitaltag weibelten und grossflächig über den Anlass berichteten. Kritische Positionen, etwa vom Schweizerischen Konsumentenschutz oder den kantonalen Datenschützern, kommen kaum vor. Ihre Stimmen sind weniger gefragt als jene der Daten sammelnden Grosskonzerne. Susan Boos von der Wochenzeitung WOZ tituliert den Digitaltag deshalb als «dumpfen PR-Event».

ARD und ZDF haben keine Chance gegen die AfD

Es war ein ungleiches Rededuell, aber die Chefredaktoren von ARD und ZDF haben sich darauf eingelassen. Sie traten vier Exponenten der AfD gegenüber – vor einem AfD-Publikum. Jan Sternberg vom RedaktionsNetzwerk Deutschland kommentiert denn auch gleich zu Beginn seines Berichts über die Veranstaltung: «Die Diskussion über ‹Medien und Meinung› hatte noch gar nicht begonnen, da stand die AfD schon als Sieger fest.» Die Diskussion verlief denn auch nicht anders als mit dieser Konstellation zu erwarten war: Kai Gniffke (ARD) und Peter Frey (ZDF) hatten einen schweren stand und befanden sich eigentlich permanent in der Defensive. Es gibt auch Stimmen, die es keine gute Idee finden, mit einer Partei den Dialog zu suchen, die mehrfach ihre Verachtung für die Medien im Allgemeinen und die Öffentlich-rechtlichen im Speziellen dokumentiert haben. «Sie werden noch mit dem Erschiessungskommando über das Kaliber der Munition diskutieren wollen», kommentierte der Autor Marcus Hammerschmidt den Entscheid Gniffkes und Freys, mit den Rechten zu reden.

«Vernetzte Gegenstände liefern uns bessere Storys»

2.0 war gestern. Jetzt geht es mit grossen Schritten auf 4.0 zu. Die Versionsnummer weist in eine nicht allzu ferne Zukunft und wird meist mit der umfassenden Digitalisierung der industriellen Produktion in Verbindung gebracht. Aber auch von einem Jornalismus 4.0 ist vermehrt die Rede. «Vernetzte Gegenstände liefern uns bessere Storys», schreibt Jacob Vicari auf Riffreporter. Was das genau bedeutet, beschreibt der Wissenschaftsjournalist und Freelance Creative Technologist in sechs Punkten. Technologischer Kern eines Journalismus 4.0 ist das sogenannte Internet der Dinge, also vernetze Alltagsgegenstände. «Wer einen vernetzten Küchenmixer hat, wir so schnell kein Kochbuch mehr erwerben», schreibt Vicari. Oder das Smarthome, der vernetzte Haushalt. Hier wird die Reportage vom Fischerboot im Polarmeer am eigenen Körper erlebbar, «wenn das Thermostat die Temperatur zwei Grad absenkt, das Licht einmal flackert und dann die Stimme des Kapitäns kurz im Ohr erklingt». Journalismus wird omnipräsent, weil er nicht mehr an bestimmte Trägermedien gebunden ist, an Papier erst recht nicht mehr, aber auch nicht mehr ans Smartphones und den Computer.