Alles paletti…
…meinte Verlegerpräsident Hanspeter Lebrument am diesjährigen Dreikönigstreffen, dem Stelldichein der Schweizer Verlagsszene. Da wird zwar in erster Linie Networking betrieben, an diesem Treffen sollen aber auch die Trends aufgegriffen werden. Und diesbezüglich dürfte die Einschätzung des Bündner Verlagsherrn ungenügend sein. Richtig ist, dass die Print-Gewaltigen mit den neuen Medien besser zurecht kommen, doch bestehen im Zeitungs- und Zeitschriftengeschäft bezüglich Online-Business noch beachtliche Lücken.
Da ist zunächst die Frage der Finanzierung, die immer noch weitgehend unbeantwortet ist. Zuerst galt die Devise, dass Informationen ab Netz kaum bezahlt würden, also stellten die Verlage ihre News gratis ins Web. In der Hoffnung, die Auslagen durch Werbeeinkünfte zu decken. Dies gelang bekanntlich nicht, weshalb lauthals verkündet wurde: Wer unsere Leistung bezieht, soll zahlen! Ein ähnlicher ZickZack-Kurs kennzeichnet das Verhältnis der Verlegerschaft zum Computerriesen Apple. Anfänglich Skepsis bis Ablehnung gegenüber dem cleveren Geschäftsmodell von Steve Jobs, dann machten doch viele mit und bedienten sich einer kleinen Schlaumeierei. Ihr App für die Applewelt war gratis, damit konnten Interessenten jedoch lediglich ein Abonnement bestellen, welches der Verlag direkt in Rechnung stellte. Es war nur eine Frage der Zeit, bis Apple diesem allzu durchsichtigen Treiben einen Riegel schob. Für das nun einsetzende Wehklagen mancher Verleger dürften die smarten Kalifornier nur ein müdes Lächeln übrig haben.
Das eigentliche Problem liegt tiefer: Die heute angebotenen Inhalte entsprechen vielfach kaum dem Qualitätsjournalismus, welcher Obmann Lebrument am Verleger-Gipfel als intakt bezeichnete. Seit Jahren vermischen sich, vorab in Fachzeitschriften, in zunehmendem Masse aber auch in Zeitungen, Werbetexte mit mehr oder weniger kommentierten Meldungen, verwischen sich damit die Grenzen zwischen Redaktion, Agenturmeldungen und PR. Und wer als Verleger glaubt, dass dieses Wischiwaschi der Leserin oder dem Leser verborgen bleibe, der irrt sich. Heute verfügen die Postillen-Nutzer über verschiedene Kanäle und sie haben die Möglichkeit, die gewünschten Informationen selbst zu suchen oder anzufordern bis sie jene Übersicht und Klarheit erreichen, die sie wollen. Wer ihm jedoch die Inhalte in der heute geforderten Form präsentieren kann, der wird dafür bezahlt; aber nur, wenn die Quelle genügend vertrauenswürdig ist.
Bernard Maissen 04. Februar 2011, 07:52
Einverstanden, dass PR-Texte direkt oder indirekt heute ab und zu leichter Eingang in einzelne Blätter finden. Agenturmeldungen aber im gleichen Atemzug mit PR-Texten zu nennen, ist völliger Blödsinn. Nachrichtenagenturen beschränken sich auf möglichst faktenorientierte Berichterstattung und filtern mit viel Aufwand viel PR-Wischiwaschi aus den Medienmitteilungen. Wenn also Zeitungsredaktionen auch Agenturmeldungen ins Blatt rücken, sparen sie Zeit, weil sie die Info nicht noch einmal aus der PR-Schönfärberei schälen müssen und können sich so auf eigene Geschichten konzentrieren. Denn es ist unbestritten, dass Meldungen von Nachrichtenagenturen als vertrauenswürdig gelten – und damit durchaus für Qualität stehen.
Hannes Zaugg 04. Februar 2011, 15:05
Meine Zeilen waren nicht gegen Pressemeldungen gerichtet, sehr geehrter Herr Maissen. Auch masse ich mir nicht an, über PR-Meldungen zu richten. Was mich dagegen stark ärgert, ist die Verwischung von Grenzen zwischen bezahlter und selbst erarbeiteter Kommunikation, so dass der Leser nicht mehr erkennen kann oder soll, was die eigene Meinung ist und wo ein pekuniärer Zweck
verfolgt wird. Sie verbreiten auf Ihren Kanälen aufbereitete Meldungen und – klar gekennzeichnet – bezahlte Texte. Dagegen habe ich nichts einzuwenden, auch nicht, dass eine Zeitung oder Zeitschrift beides verwendet, sofern es klar erkennbar ist. Dies ist zu ihrem eigenen Nutzen sowie zu dem der Leser, welche eine Vermischung (auf die Dauer) gar nicht goutieren. Mit medialen Grüssen von Hannes Zaugg