Der lange Weg zur Medienabgabe
Die Empfangsgebühr hat ausgedient. Nun kommt eine allgemeine Medienabgabe. So wollen es Bundesrat und Parlament. Martin Dumermuth, Direktor des Bundesamts für Kommunikation, sagt im Gespräch mit der Medienwoche, weshalb der Systemwechsel unumgänglich ist und wieso mit einer Medienabgabe auch weiterhin nur Radio und Fernsehen finanziert werden.
MEDIENWOCHE: Eine allgemeine Medienabgabe anstelle der geräteabhängigen Empfangsgebühr ist noch längst nicht beschlossene Sache. Wann kommt der Systemwechsel?
Martin Dumermuth: Wir gehen davon aus, dass eine allgemeine Medienabgabe nicht vor 2017 eingeführt wird. Sobald die Vorlage ins Parlament kommt, was im nächsten Jahr der Fall sein könnte, wird der Prozess unvorhersehbar. Da wird es vermutlich zu Differenzen zwischen den beiden Kammern kommen. Selbst wenn der Systemwechsel beschlossen wird, braucht es noch einmal Zeit, denn die Inkassostelle muss neu ausgeschrieben werden. Die Billag ist dafür nicht automatisch gesetzt.
Was geschieht, wenn die Vorlage scheitert?
Ein Festhalten am Status quo mit der Empfangsgebühr ist für die Zukunft keine sinnvolle Lösung. Ein Modell, das als Bedingung für die Gebührenpflicht an Geräten anknüpft, ist auf Dauer nicht mehr tragfähig.
Weshalb steht nur dieses eine Modell zur Debatte?
Der Bundesrat hat dem Parlament einen Bericht vorgelegt, in dem er mehrere Möglichkeiten für die Finanzierung des öffentlichen Rundfunks aufgezeigt hatte. Es war dann das Parlament, das der Empfehlung des Bundesrats gefolgt ist und auf diese Lösung mit einer allgemeinen Mediengabe gesetzt hat. Punktuell gibt es Alternativen, etwa beim Inkasso bei den Unternehmen.
Sie haben bereits verschiedentlich gesagt, dass die neue Medienabgabe pro Haushalt rund 50 Franken günstiger zu stehen käme als die heutige Empfangsgebühr. Ist es sinnvoll, schon heute mit diesem Anreiz zu argumentieren, der sich in Luft auflösen könnte?
Wenn wir keine Zahl nennen, wird die Frage trotzdem kommen. Der genaue Betrag hängt von der konkreten Ausgestaltung ab, massgeblich von der Anzahl abgabepflichtiger Haushalte und Unternehmen bzw. von den möglichen Ausnahmen. Bei den 50 Franken, die ich genannt habe, gehe ich vom Modell aus, wie wir es in die Vernehmlassung geschickt haben. Das halte ich für eine vertretbare und vorsichtige Schätzung.
Wenn die Radio- und Fernsehgebühren von einer allgemeinen Medienabgabe ersetzt wird, weshalb sollen dann weiterhin nur Radio und Fernsehen unterstützt werden, die ja bei Weitem nicht die einzigen Medien sind, die zur freien Meinungsbildung beitragen?
Der Leistungsauftrag in Artikel 93 der Bundesverfassung beschränkt sich heute auf Radio und Fernsehen. Und für eine Finanzierung beispielsweise der Presse existiert heute keine verfassungsmässige Grundlage.
Zurzeit befasst sich das Parlament sowohl mit Medienfinanzierung als auch Medienförderung. Gibt es Bestrebungen, die beiden Vorlagen zusammenzuführen?
Im Moment wäre mir nichts dergleichen bekannt. Aber die Abhängigkeiten der beiden Systeme werden natürlich immer mitberücksichtigt in den jeweiligen Debatten.
Weshalb hat das Bakom, ohne die Entscheide bei der Neuausrichtung von Medienfinanzierung und -förderung abzuwarten, dem Regionalfernsehen kürzlich gleich zweimal finanziell unter die Arme gegriffen?
Aufgrund des geltenden Rechts war es uns möglich, den Eigenfinanzierungsrad heruntersetzen und mehr Gebühren zu zahlen. Beides haben wir gemacht. Regionalfernsehen hat wegen hoher Fixkosten und kleiner Märkte ein strukturelles Defizit. Das konnte bisher nicht gedeckt werden.
Was müssen die Sender als Gegenleistung erbringen für die nun gewährte finanzielle Unterstützung?
Es wird nichts Zusätzliches eingefordert. Der Leistungsauftrag bleibt unverändert. Es ist für die Unternehmen schon schwierig genug, das zu erbringen, was sie heute leisten sollten. Dank dem grösseren finanziellen Spielraum sollte das nun einfacher möglich sein.
Behrouz 05. Juli 2012, 14:55
Mit der Medienabgabe müsste auch eine gerechtere Umverteilung der Erträge einhergehen. Ich befürchte aber, dass wie üblich die Chance auf eine durchdachte Umstellung vertan sein wird, wie es so oft geschieht.
C. Haller 11. Juli 2012, 17:10
Es ist zu begrüssen, dass künftig nicht mehr an das Vorhandensein eines Empfangsgerätes angeknüpft werden soll für die Erhebung von Radio- und TV-Gebühren. Es ist zu hoffen, dass auch das Gewerbe diesbezüglich Einsicht zeigt und eine Lösung erarbeitet wird, die allen Medien zu Gute kommt.
Urs Georg Allemann 17. Juli 2012, 21:38
Mit einer flächendeckenden Zwangsabgabe würden Diejenigen, welche von dieesen Medien Abstand nehmen, für einen Dienst bezahlen, den sie nicht beanspruchen. Das kann in einem nicht-totalitären Staat keine Lösung sein.