von Nick Lüthi

Als es ernst galt, fehlte der doppelte Boden

Die Erklärung liegt auf der Hand: Hätte man die bisherige Quotenmessung so lange weitergeführt, bis das neue System funktioniert, wäre es nie zu einem Ausfall gekommen. Nun erklärt aber die Firma Mediapulse, dass das gar nicht möglich gewesen wäre: Am 31. Dezember wurde das alte Panel definitiv ausser Betrieb genommen und liess sich nach dem Auftreten der Unregelmässigkeiten mit den neuen Zahlen nicht mehr reaktivieren.

Seit Anfang Jahr gibt es keine Zuschauerzahlen für das Fernsehen in der Schweiz. Die Quote wird zwar erhoben, aber die Messwerte bleiben unter Verschluss. Bei der Auswertung traten verschiedene Unregelmässigkeiten auf, die nun bereinigt werden müssen. Die Publikation verzögert sich deshalb bis mindestens 18. Februar.

Der Ausfall hätte sich vermeiden lassen, wenn das Telecontrol-Panel mindestens so lange in Betrieb gehalten worden wäre, bis das neue System der Firma Kantar funktioniert. Bis heute kursierte diese Erklärung in der Branche, wir berichteten darüber. Die zuständige Firma Mediapulse wollte oder konnte dazu bisher nicht Stellung nehmen. Jetzt erklärt Mediapulse-Sprecher Nico Gurtner, dass auf diese Weise der Ausfall nicht hätte vermieden werden können.

Eine Überlappung von altem und neuem Panel war zwar vorgesehen, aber nur für Dezember. «Der Projektplan sah vor, dass dem Umstieg auf das neue Panel ein Monat Testphase mit doppelt geführter Messung vorausgeht», sagt Gurtner. Damit ist auch klar: Der doppelte Boden hielt zwar während der vorgesehenen Testphase, fehlte aber, als man ihn hätte brauchen können.

Ende Dezember war mit Telecontrol endgültig Schluss. «Die Panel-Haushalte waren informiert, dass am 31. Dezember ihre Messgeräte deaktiviert würden», sagt Mediapulse-Sprecher Gurtner. Da die Probleme, die zur Verzögerung führten, erst Anfang Januar bekannt wurden, wäre es unmöglich gewesen, das alte Panel wieder zu aktivieren.

Nun geht es an die Gegenwartsbewältigung: «Unser wichtigstes Anliegen ist es, die Qualität der Daten sicherzustellen und Vertrauen in das neue System zu schaffen», heisst es bei Mediapulse. Das wird aber schwieriger, je länger der Ausfall andauert. Ein Sender, der mit seiner neuen Quote nicht zufrieden ist, wird versucht sein, das fehlerhaft gestartete System für sein schwaches Abschneiden verantwortlich zu machen. Über die neuen Zahlen lässt sich aber schlecht diskutieren. Man muss ihnen vertrauen, weil es keine Vergleichswerte gibt. Die alte und die neue Methode sind zu unterschiedlich; sie sind wie zwei Währungen ohne Wechselkurs.

Eine wichtige Rolle kommt deshalb der medienwissenschaftlichen Kommission unter dem Vorsitz von Professor Heinz Bonfadelli der Universität Zürich zu. Sie bürgt in letzter Instanz für die Qualität der Zahlen. Selbst der wissenschaftliche Segen wird wohl einzelne TV-Veranstalter kaum davon abhalten, die Werte anzuzweifeln. So hat die Privatsendergruppe von AZ-Verleger Peter Wanner (Tele Züri, Tele M 1 und Tele Bern) bereits vorsorglich Massnahmen angekündigt für den Fall, dass sie Zweifel mit der neuen TV-Quote nicht zufrieden sein sollten.

Leserbeiträge

Mikey 11. Februar 2013, 16:02

„Hätte man die bisherige Quotenmessung so lange weitergeführt, bis das neue System funktioniert, wäre es nie zu einem Ausfall gekommen. Nun erklärt aber die Firma Mediapulse, dass das gar nicht möglich gewesen wäre:“
Klar wäre das möglich gewesen, man hat es bloss nicht getan, indem man es per 31.12. abgeschaltet hat. Nur ein rückwirkendes Aufschalten war nicht mehr möglich.

Nick Lüthi 11. Februar 2013, 16:04

Ist im Lead verkürzt dargestellt, im Artikel wird das aber klar: “ Da die Probleme, die zur Verzögerung führten, erst Anfang Januar bekannt wurden, wäre es unmöglich gewesen, das alte Panel wieder zu aktivieren.“

Mikey 11. Februar 2013, 16:38

Ich würde das nicht verkürzt, sondern falsch nennen.

Nick Lüthi 11. Februar 2013, 16:39

Meine Darstellung oder das Verhalten von Mediapulse oder beides?

Mikey 11. Februar 2013, 17:23

Den erwähnten Satz im Lead.

Nick Lüthi 11. Februar 2013, 17:27

Was Mediapulse sagt und was tatsächlich möglich gewesen wäre (unter welchen Bedingungen und zu welchen Kosten auch immer), sind zwei verschiedene Sachen. Die Aussage, dass das Telecontrol-Panel nicht über den 31.12.2012 hinaus hätte weitergeführt werden können, ist klar deklariert als die Aussage von Mediapulse. Deshalb lasse ich das so stehen.

Peter Stückli 11. Februar 2013, 19:25

Mediapulse hat einfach die Messsysteme falsch evaluiert und die Implementierung unterschätzt, dafür gibt es absolut keine Entschuldigung und zeigt, dass dies eine sehr teuere und inkompetente Firma ist. Das beste ist… die Stadt subventioniert ein teil davon! Ich schäme mich!!