von Nick Lüthi

Was der Migros recht ist, kann der SRG billig sein

Zu welchem Preis soll das Publikum bei der SRG mitreden dürfen? SVP-Nationalrätin Natalie Rickli fordert die Abschaffung der Kostenpflicht für Mitglieder. Dass eine Gratismitgliedschaft nicht die Bude auf den Kopf stellt, zeigt die Migros.

Wer mitreden will, muss zahlen. 50 oder 100 Franken, je nach Region, kostet die Mitgliedschaft bei der SRG. Ende 2012 zählte der Verein SRG Deutschschweiz 15’403 Mitglieder. Gesamtschweizerisch gibt es rund 22’000 SRG-Mitglieder. Diese erhalten Hintergrundinformationen und Zugang zu Veranstaltungen und Diskussionsforen zu Programmen und Politik der SRG. Weiter können sie die Leitung der regionalen Vereine wählen, die wiederum einen engen Austausch mit der Unternehmensleitung und den Programmverantwortlichen von Schweizer Radio und Fernsehen pflegen.

Diese Angebote und Strukturen sollten frei zugänglich sein. In einem Postulat fordert SVP-Nationalrätin Natalie Rickli den Bundesrat auf, die «kostenlose Mitwirkung» bei der SRG zu ermöglichen. «Wenn die Gebührenzahler schon für ein Programm bezahlen müssen, sollen sie auch mitreden können, und zwar kostenlos», begründet Rickli ihren Vorstoss. Bei den zuständigen Stellen hat man wenig Verständnis für Ricklis Forderung. Gebührenzahler und SRG-Mitglieder seien «zwei ganz unterschiedliche Rollen», findet man auf der Geschäftsstelle der SRG Deutschschweiz. Das stimmt zwar, heisst aber deshalb noch lange nicht, dass die Beitrittshürde gesenkt werden könnte. Beim Unternehmen SRG will man mit Verweis auf das hängige Postulat keine Stellung nehmen. Ausserdem sei für diese Frage der Verein und nicht das Unternehmen zuständig. Das ist formal korrekt. Der Abwehrreflex rührt wohl mehr vom Absender und weniger vom Gehalt der Forderung her. Natalie Rickli ist als Medienpolitikerin immer wieder mit pointierten Anti-SRG-Positionen aufgefallen.

Was aber würde sich ändern, wenn die SRG-Mitgliedschaft kostenfrei würde? Wenig bis gar nichts, zumindest organisatorisch und finanziell nicht. Mit einem Ansturm ist kaum zu rechnen. Die Hürde ist schon heute sehr tief und hat eher symbolischen Charakter. Ein Mitgliedschaft kostet zwischen 20 Franken pro Jahr und einmaligen 50, respektive 100 Franken, je nach Region. Es sind denn auch nicht die Mitgliederbeiträge, aus denen sich die SRG-Trägerschaft alimentiert. Die Mittel in der Höhe von rund 3,5 Millionen Franken erhält der Verein SRG Deutschschweiz vom Unternehmen SRG zugewiesen. Finanzielle Einbussen könnten damit keine geltend gemacht werden bei einer Abschaffung des Mitgliederbeitrags.

Die Kostenbefreiung wäre ein kleiner Schritt mit umso grösserer Symbolkraft: Wer den öffentlichen Rundfunk mitfinanziert, soll ohne weiteren finanziellen Aufwand im Rahmen der bestehenden Strukturen mitreden können. Im Hinblick auf den Systemwechsel bei der Finanzierung von Radio und Fernsehen gewinnt die Frage zusätzlich an Bedeutung. Wenn künftig alle Haushalte eine Medienabgabe zahlen müssen, unabhängig davon, ob sie über Empfangsgeräte verfügen, wäre es für die SRG angezeigt, sich noch stärker um die Verankerung in der Gesellschaft zu bemühen – quasi als Gegenleistung für das Gebührenprivileg.

Für eine Gratismitgliedschaft gibt es in der Schweiz ein prominentes Vorbild: die Migros und ihre Genossenschaften; deren Organisationsstrukturen sehen jener der SRG gar nicht unähnlich. Migros-Genossenschafter zu werden, kostet nichts und bietet dem einzelnen Mitglied Informations- und Serviceleistungen (Migros-Zeitung) Mitsprachemöglichkeiten (Stimmrecht), Vergünstigungen (M-Aktion).

Eine kostenlose SRG-Mitgliedschaft einzuführen, wäre eine vergleichsweise einfach zu realisierende Massnahme, weil bereits heute die meisten Leistungen allgemein zugänglich sind. Publikationen, Newsletter, Facebook-Seite, wie auch ein Grossteil der Veranstaltungen auch Nichtmitgliedern offen stehen. Den zahlenden Mitgliedern vorbehalten sind nur die Partizipationsmöglichkeiten innerhalb der Vereins- und Genossenschaftsstrukturen, sowie gewisse exklusive Anlässe.

Mit einer solchen Öffnung könnte sich die SRG endlich von der dümmlichen «Fanclub»-Metapher verabschieden, mit der sie bis heute für die Mitgliedschaft in den Trägerorganisationen wirbt. Ein «Fanclub» hat etwas Exklusives. Genau das darf aber die Basisorganisation des öffentlichen Rundfunks nicht sein, wenn sie sich glaubwürdig «für die Vertretung der Interessen der verschiedenen Bevölkerungsgruppen gegenüber dem Unternehmen» und «für die Anliegen des Unternehmens in der Öffentlichkeit» einsetzen will.