von Nick Lüthi

Schlechtes Vorbild

Was sich die SP unter direkter Medienförderung vorstellt, existiert bereits seit Jahren als Gebührensplitting für Privatradio und -fernsehen. Auch hier werden nach amtlichen Vorgaben Konzessionen und Fördergelder verteilt. Die SP hält das für ein «bewährtes» Modell und will es auf Print und Online ausweiten. Das Gebührensplitting taugt indes schlecht als Vorbild.

Die Medienfreiheit am Abgrund, die SP-Forderungen ein Affront für die unabhängigen Medien. Seit die Sozialdemokraten am letzten Dienstag ihr Modell für die direkte Medienförderung vorgestellt haben, gibt es eigentlich nur eine Reaktion: Ablehnung. Ausser der Partei selbst, sowie Vertreter von Wissenschaft und Gewerkschaften, scheint sonst niemand etwas mit den Vorschlägen anfangen zu können.

Doch jene Verleger, die nun die Freiheit des freien Markts bedroht sehen, sollten das Maul nicht allzu weit aufreissen. Waren es doch auch die Verleger, die staatlich definierte Sendegebiete, Leistungsaufträge – und vor allem: Gebührengelder für ihre defizitären Radio- und TV-Sender erfolgreich herbeilobbyiert hatten. Regionalfernsehen und Lokalradios sind seither ebenso «Staatsmedien», wie man dies der SRG gerne polemisch nachsagt. Eine ähnliche Empörungswelle, wie sie nun der SP entgegenschlägt, wäre nicht überliefert aus der Zeit als mit einem neuen Radio- und Fernsehgesetz gleich ganze Mediengattungen der staatlichen Regulierung unterworfen wurden.

Wenn die SP nun fordert, das Radio- und TV-Modell sei auf Zeitungen und Online-Medien auszuweiten, dann ist das infolge der technologischen und medienpolitischen Entwicklung zuerst einmal konsequent. Denn mit der geplanten Einführung einer allgemeinen Medienabgabe anstelle der geräteabhängigen Gebühren stellt sich automatisch die Frage, wer künftig zum bezugsberechtigten Kreis öffentlicher Gelder zählt. Wenn die Politik am Gebührensplitting festhält, dann wäre es nur folgerichtig, wenn auch Print und Online unterstützt würde. Die finanzielle Privilegierung von Privatradio und -fernsehen liesse sich unter den veränderten Vorzeichen nicht mehr legitimieren.

Eine Krux bleiben aber Verteilschlüssel und Vergabeprozedere. Wer kriegt weshalb wieviel Geld und was muss er dafür leisten? Die SP nennt in ihrem Papier die heute übliche Unterstützungspraxis bei Radio und Fernsehen ein «bewährtes Prinzip». Dieses Modell taugt aber nur beschränkt als Vorbild für eine weiterreichende direkte Medienförderung:

  • Die Gebührenmillionen für Privatradio- und TV erzielen bestenfalls die Wirkung von lebenserhaltenden Massnahmen. Die meisten Regionalsender könnte ohne Subventionen nicht überleben. Entsprechend hält sich das publizistische Potenzial der Sender in Grenzen; sie haben zu viel Geld zum Sterben und zu wenig, um grosse Sprünge zu machen. Dass dies nicht automatische in die Forderung nach noch mehr Geld münden muss, zeigen zahlreiche Privatsender, die auch ohne Gebührenmillionen ansprechende Service-public-Leistungen bieten. So etwa der Branchenleader Tele Züri, der bei der Konzessionsvergabe leer ausging, oder am anderen Ende der Skala die zahlreichen Kleinstsender, wo mit wenig Geld, dafür umso mehr Engagement, Lokaljournalismus gepflegt wird, der sich vor der subventionierten Berichterstattung nicht verstecken muss.
  • Das Medienförderung schafft Rechtsunsicherheit. Mehr als sechs Jahre nach Inkrafttreten des Radio- und Fernsehgesetzes sind bei den Privatradios weiterhin zwei Konzessionsverfahren vor Gericht hängig. In den Regionen Aargau und Südostschweiz werden die bisherigen Radio-Konzessionsinhaber von Roger Schawinski herausgefordert und können sich nur auf eine provisorische Konzession abstützen. Für die Sender bedeutet dies eine grosse Unsicherheit; sie wissen nicht, ob es nach der nächsten Instanz heisst: fertig gesendet. Das ist für die Unternehmen ein unhaltbarer Zustand. Investitionen können nicht getätigt werden. Das schadet letztlich auch der Qualität, die ja eigentlich gefördert werden sollte mit dem Gebührengeld.

Für die weitere Diskussion über die direkte Medienförderung erweist sich das Gebührensplitting insofern als Glücksfall, als dass es deutlich aufzeigt, wo die Schwächen eines solches Systems liegen. Eine Weiterführung, respektive Ausweitung, im bisherigen Rahmen kann sicher nicht das Ziel sein. Sollte die Politik daran festhalten, auch private Medien mit Gebührengeldern zu alimentieren, kommt sie nicht darum herum, die Förderkriterien und -modalitäten grundlegend zu überdenken. Die Mängel an der bisherigen Praxis sind zu gravierend, als dass man damit das hehre Ziel der Qualitätsförderung anvisieren dürfte.