von Nick Lüthi

Schönwetterpiloten ohne Kompass

Am Jahresauftakt der Verleger bot die schweizerische Medienprominenz ein einigermassen desolates Bild ihrer Branche. Jeder stolpert alleine der Zukunft entgegen. Für die Highlights sorgten nicht Verlagsleute, sondern Werber und Fernsehmacher.

Und die Geschichte wiederholt sich doch: Was Verlegerpräsident Hanspeter Lebrument an der diesjährigen Dreikönigstagung zu berichten wusste, hatte er bereits vor vier Jahren zum Besten gegeben. Damals wie heute rieb sich der ewige Vorsitzende an der Medienschelte von Ueli Maurer, die der SVP-Bundesrat drei Monate zuvor am Verlegerkongress geäussert hatte (beide male übrigens in Interlaken).

Nun mag man es Lebrument kaum verübeln, wenn er das medienkritische Pauschalurteil eines Regierungsmitglieds kontert, indem er die Qualität und Leistung der Schweizer Medien herausstreicht. Wenn aber die präsidiale Ansprache nicht über eine Episode aus der Vergangenheit herauskommt, dann zeichnet das ein bedenkliches Bild einer Branche, die sich vor allem mit Gegenwart und Zukunft beschäftigen sollte. Ein Bild, das auch die übrigen Auftritte an der zweitwichtigsten Branchenveranstaltung kaum zu korrigieren vermochten.

Dazu passt die zwar unterhaltsame, aber letztlich substanzlose Plauderrunde mit drei Chefredaktoren und einer Chefredaktorin der Sonntagspresse. Eindruck: Alle wursteln sich irgendwie durch, der nächste Sonntag kommt bestimmt. Ins gleiche Kapitel gehört der erste öffentliche Auftritt von René Lüchinger als amtierender «Blick»-Chefredaktor. Dass er sich die Freiheit herausnimmt, nicht zum vereinbarten Referatsthema («Wer, zum Teufel, bezahlt noch für Boulevard?») zu reden, ginge ja noch. Wenn er aber danach eine uninspiriert mäandernde Selbstanalyse als Boulevard-Journalist vom Blatt abliest, dann bleibt nur Irritation.

Einen entschlosseneren Eindruck hinterliess der neue NZZ-CEO Veit Dengler. Insbesondere seine Ankündigung, stärker im gesamten deutschsprachigen Markt präsent sein zu wollen, sieht nach einer interessanten Vorwärtsstrategie aus. Auf den zweiten Blick bleibt allerdings die Frage, ob der Spagat zwischen lokal und international auszuhalten sei. Denn die NZZ Mediengruppe ist heute, mit Ausnahme ihres Flaggschiffs, vor allem im lokalen und regionalen Geschäft tätig. Was Dengler mit St. Galler Tagblatt, Neue Luzerner Zeitung, Radio FM1, Radio Pilatus, TV Ostschweiz, und Tele 1 vorhat, liess er in seiner Rede offen.

Das Bild abgerundet haben schliesslich Vertreter aus Werbung und TV. Im Gegensatz zu den uninspirierten Zeitungs- und Verlagsleuten, präsentierten sie recht munter ihre Erfolgsgeschichten. So etwa Matthias von Bechtolsheim, der mit seiner Agentur Heimat regelmässig für Aufsehen sorgt, wenn sich die Werbespots für die «Hornbach»-Baumärkte verselbständigen und ohne weiteres Zutun zigtausendfach auf allen Kommunikationskanälen verbreiten.

Oder Alexander Mazzara. Mit dem von ihm gegründeten Jugendsender joiz zeigt er, wie es in einem kleinen und totgesagten Markt möglich ist, erfolgreich ein neues Medienunternehmen hochzuziehen – und das erst noch für eine Zielgruppe, die man eigentlich schon abgeschrieben hatte. Als Inspiration fürs eigene Geschäft haben das an der Dreikönigstagung nur noch wenige mitgekriegt. Zum Zeitpunkt von Mazzaras Referat waren die Reihen der Zuhörer schon gehörig gelichtet.

Leserbeiträge

Clyde Burke 10. Januar 2014, 19:05

Vielleicht sollte Herr Lüthi den Verlegern sagen, wie man es wirklich macht.

Nick Lüthi 13. Januar 2014, 21:40

Wenn ich das könnte, täte ich nicht hier schreiben. Und an der Dreikönigstagung gab es genügend guten Anschauungsunterricht. Steht auch im Artikel.