Mit Vollgas über die orange Ampel
Die Fusion ist vollzogen: SRG, Ringier und Swisscom vermarkten seit 4. April ihre Werbeplätze gemeinsam. Doch Admeira, so heisst das Unternehmen, droht weiterhin das Aus in der jetzt realisierten Form. Ein Gerichtsentscheid mit möglichen weitreichenden Konsequenzen steht noch aus. Doch darüber sehen die Verantwortlichen mit grossem Zukunftsoptimismus hinweg.
Wer sich im Strassenverkehr bewegt, kennt die Situation: Die Ampel steht auf Orange, aber man entscheidet trotzdem, seinen Weg fortzusetzen; ist ja noch immer gut gegangen. Um dem drohenden Farbwechsel auf Rot zuvorzukommen, erhöht man zudem das Tempo. Admeira verhält sich nicht anders. Das fusionierte Vermarktungsunternehmen von SRG, Ringier und Swisscom gibt Vollgas, obwohl die Ampel auf Orange steht.
Beim Bundesverwaltungsgericht ist weiterhin eine Beschwerde hängig, welche der neuen Firma ein vorzeitiges Ende bereiten könnte. Der Verband Schweizer Medien hat den Entscheid des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr und Kommunikation Uvek angefochten, mit dem einer Teilnahme der SRG am Werbeverbund grundsätzlich stattgegeben wurde. Weil die Beschwerde in einem Zwischenentscheid keine aufschiebende Wirkung erhalten hat, konnte Admeira am 4. April wie geplant seine Geschäfte aufnehmen. Mit einem definitiven Entscheid, ob die Vermarktung der SRG-Werbung Teil des neuen Unternehmens sein darf, rechnet Admeira in vier bis neun Monaten.
Auf die eigentlich ungemütliche Lage angesprochen, meinte Admeira-Chef Martin Schneider anlässlich der Unternehmenspräsentation: «Das heisst nicht, dass wir mit angezogener Handbremse unterwegs sind, aufgrund der Vorgeschichte gehen wir davon aus, dass das gut kommt.» Tatsächlich gibt es deutliche Anzeichen, dass Admeira auch diese Hürde überspringen wird, nachdem bereits die Wettbewerbskommission grünes Licht gegeben hat und auch das Uvek den Weg geebnet hat für die Grossfusion im schweizerischen Werbemarkt. Auch wenn Martin Schneider mit seiner Einschätzung vermutlich recht hat, haftet dem Vollgas-Start von Admeira der Makel der Machtarroganz an.
Die SRG ist nicht irgendein Unternehmen, das sein Werbegeschäft neu aufstellt. Sie bewegt sich ein einem regulatorischen Korsett. Das zeigen auch die Auflagen, an die sich der öffentliche Rundfunk von Amtes wegen halten muss. So darf in den Programmen des Schweizer Fernsehens – vorläufig – keine zielgruppenspezifischen Werbung platziert werden, obwohl Admeira genau darin ein grosses Potenzial für sein Geschäft sieht. Um dies zu ermöglichen, müsste der Bundesrat zuerst die Konzession anpassen.
Ausserdem haben Politik und Stimmberechtigte zu SRG und Service public auch noch ein Wörtchen mitzureden. Die eidgenössischen Räten entscheiden über die künftige Ausgestaltung des Service public und irgendwann gelangt die No-Billag-Initiative zur Abstimmung. Was dabei herauskommt ist ebenso ungewiss, wie schon heute klar ist, dass die SRG in jedem Fall davon betroffen sein wird – mit je nach Ausgang einschneidenden Konsequenzen bis hin zur Abschaffung des öffentlichen Rundfunks in seiner heutigen Form.
Für die SRG und Admeira sind das alles keine Hindernisse, die ein Zuwarten mit der Aufnahme des Geschäftsbetriebs hätten opportun erscheinen lassen. «Das geht nur, wenn man agiert und nicht zu lange wartet», sagt CEO Martin Schneider. Admeira müsse das Spielfeld aktiv gestalten. Man habe zwar viel Staub aufgewirbelt, aber das sei der richtige Weg: «Wir müssen den digitalen Tsunami als Erfolgswelle nutzen.» Dass Tsunamis in Verheerung und Verwüstung enden, daran hat Schneider offenbar nicht gedacht.