von Gastbeitrag

Männer machen Medien

Sexismus sichtbar machen: Auf medienpranger.ch werden Beispiele diskriminierender Berichterstattung in Schweizer Medien dokumentiert. Ein Gastbeitrag der Autorinnen des Watchblogs.

Sexismus zeigt sich überall: Auf der Arbeit, beim Einkauf im Supermarkt, in der Werbung, beim Sport. Gerade weil Sexismus so alltäglich ist, fällt er vielen gar nicht auf – er ist ganz tief in unsere Kultur verankert. Sexismus ist ein reales Problem, das vor allem Frauen, aber auch sexuelle Minderheiten, tagtäglich zu spüren bekommen – sexuelle Gewalt, Lohndiskriminierung, und starre Geschlechternormen sind nur die Spitze des Eisbergs. Einen nicht zu unterschätzenden Beitrag dazu leisten die Medien, die unsere Wahrnehmung und unser Selbstverständnis prägen.

Unter Sexismus verstehen wir die Diskriminierung und Unterdrückung von Menschen aufgrund ihrer Geschlechtszugehörigkeit sowie die Einstellungen, Stereotypen und kulturellen Elemente, die diese Diskriminierung überhaupt erst ermöglichen. Das schafft systematisch ein ungleicher sozialer Status von Menschen verschiedener Geschlechter. Das führt dazu, dass die Geschlechter im Alltag – und entsprechend auch von den Medien – nicht gleich behandelt werden.

Wir, das feministische Kollektiv aktivistin.ch, haben in den letzten Monaten genauer hingeschaut und dokumentiert, was schiefläuft. Das Ergebnis ist ernüchternd: Sexismus findet sich quer durch die Medienlandschaft; verfasst werden die Beiträge von Journalismus-Neulingen bis zu Chefredaktor*innen. Manchmal ist dieser mediale Sexismus perfide subtil, manchmal erschreckend offensichtlich: Sexistische Berichterstattung steht in den Schweizer Medien an der Tagesordnung.

Gängige Spielarten von Sexismus in der Berichterstattung:

  • Objektifizierung der Frau: Die wohl häufigste Form von Sexismus in den Medien ist die Objektifizierung von Frauen. Dies geschieht, indem nur über ihren Körper oder Teile ihres Körpers geschrieben wird, ohne dass frau als Individuum mit komplexer Persönlichkeit, Wünschen, Plänen und Leistungen dargestellt wird (z.B. hier, hier, hier und hier). Oft wird bei talentierten, prominenten Frauen, ganz egal ob aus der Politik, Wissenschaft, Sport oder Kultur über ihr Make-Up, ihre Kleidung,ihr Lächeln oder Körpermerkmale geschrieben. Äusserlichkeiten nehmen einen grossen Teil der Berichterstattung ein – und zwar in einem Ausmass, wie es bei Männer kaum zu finden ist. Das Aussehen wird bei Männern vor allem dann Thema wenn ein Mann es sich erlaubt, die Grenzen der Maskulinität auszudehnen und «feminin» aufzutreten (z.B. hier). Ebenso in die Kategorie «Objektifizierung» fallen Agenturbilder von jungen, knapp bekleideten Frauen, die so ziemlich jeden Artikel, ob zum Thema Krankenkassenprämien oder zum neuen iPhone, illustrieren.
  • Veraltete Rollenbilder: Männer trinken Bier und schauen Fussball; Frauen waschen Sohnemanns Wäsche und sind zuständig für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf: Eine weitere Facette von Sexismus in den Medien ist, wenn antiquierte Gender-Normen unhinterfragt reproduziert werden – zum Beispiel indem gewisse Aufgaben, Tätigkeiten oder Verhaltensweisen ohne ersichtlichen Grund oder weil es schon immer so war, Frauen oder Männern zugeschrieben werden (z.B. hier, hier, hier, und hier).
  • Unterschiedliche Bewertung/Interpretation einer identischen Leistung: Wenn über Leistung von Frauen geschrieben wird, werden häufig ohne nachvollziehbare Gründe andere Massstäbe als bei Männern verwendet (z.B. hier). Das kann so weit gehen, dass eine Frau als sexualisierte Trophäe ihres Berufskollegen dargestellt wird – obwohl beide identische Stellen besetzen (hier).
  • Rape Culture: «Rape Culture» bezeichnet soziale Milieus, in denen sexuelle Gewalt verbreitet ist und weitgehend geduldet wird. Traurige Tatsache ist, dass wir Artikel gefunden haben, die sexuelle Gewalt trivialisieren und dadurch zur Verbreitung von Rape Culture beitragen (z.B. hier).

NZZ reagiert mit «Mansplaining»

Das NZZ-Medienblog «In Medias Ras» behauptet von sich, «der zur Selbstgerechtigkeit neigenden Medienbranche einen Spiegel vorzuhalten». Wenn Rainer Stadler, ein Journalismus-Altherr, in einem ebendort veröffentlichten Beitrag schlussfolgert, dass Sexismuskritik «kleinkrämerisch», «spitzfindig» und «übersensibel» sei, dann bestätigt das vor allem eines: Sexismus ist in den Schweizer Medien immer noch ein Problem. «Klischees und Phantasien» sind nicht wie von ihm behauptet «belanglos». Sogar Stadler räumt ein, dass durch die «Repetition von Belanglosigkeiten» Rollenklischees bekräftigt werden. Genau diese vermeintlich harmlosen Rollenklischees sind die Wurzel des Problems. Sie kreieren Machtverhältnisse und machen so die geschlechtsbasierte Diskriminierung überhaupt erst möglich. Und zeichnen Bilder von Männlichkeit und Weiblichkeit, die das Fundament der Rape Culture bilden. Stadler unterläuft ein logischer Fehlschluss: Bloss weil etwas alltägliche Praxis ist, heisst das noch lange nicht, dass es gut ist. Medien haben Verantwortung. Sie müssen nicht sexistisch berichten, bloss weil die Welt es ist.

Das ist auch das Ziel von medienpranger.ch: Auf die alltäglichen sexistischen Muster und Botschaften hinzuweisen. So dass Journalistinnen und Journalisten ihr Schreiben selber kritischer reflektieren. Medienpranger.ch ist eine Plattform, die dem alltäglichen Frust beim Lesen etwas entgegensetzt. In der Hoffnung, dass auch das Publikum der Schweizer Medien zusehends genauer hinschaut – und handelt. Darum hat es auf medienpranger.ch auch ein Kontaktformular, über welches Beiträge an die Arbeitsgruppe hinter Medienpranger.ch geschickt werden können.

Hinweis: Im Rahmen eines Public Votings kann die Leserschaft von Medienpranger.ch Ende Jahr den sexistischsten Bericht küren. Als Auszeichnung erhält der oder die Autorin einen goldenen Tampon (siehe auch Illustration oben). Mit ganz viel Glitzer. Weil das – im Gegensatz zur Lektüre sexistischer Artikel – Spass macht.

Bild: Flickr/tuxbrother (CC BY-NC-ND 2.0)

Leserbeiträge

gast 15. Juli 2016, 09:08

Gähn. Uralte Klischees von Feministinnen. Wer das Wort „Mann“ nicht vom unpersönlichen „man“ unterscheiden kann, hat sich ohnehin schin selbst disqualifiziert.

Remo 18. Juli 2016, 14:41

Zu „veraltete“ Rollenbilder: Das hat man schon in den 70er-Jahren versucht, diese Doktrin, daß es angeblich gleichviele Baggerführerinnen wie Baggerführer geben müsse und gleich viele Hebammeriche wie Hebammen.

Die Natur ist nun mal so, daß Mann und Frau verschieden sind (und sich daher ergänzen) und andere berufliche Vorlieben haben.

Daran ändern auch alle Doktrinen und alles Agitieren bestimmter IdeologInnen wird daran nichts ändern an diesen „Rollenbildern“.

Und wegen Sexismus: Wäre es nicht besser, sich einmal mit importiertem Sexismus, mit wirklicher „rape culture“ (Vergewaltitungskultur – warum benennt man solche Begriffe eigentlich immer auf Englisch?) zu befassen, wie er spätestens seit der Silvesternacht in Köln etc. bekannt-ist?

Als Alibi-Handlungen zu unternehmen wie Ampelweibchen zu fordern oder Zebrastreifen anstatt Fußgängerstreifen (weil ja sonst die Frauen nicht mitgemeint sind und überfahren werden könnten: Als ob das sprachliche Geschlecht irgendetwas mit dem sexuellen Geschlecht zu tun hätte!)