Die Falkenstrasse ist weit weg
Als Journalistin bei der «Urner Zeitung» ist unsere Kolumnistin Teil der NZZ-Mediengruppe. Abgesehen von ein paar Mails und den monatlichen Lohnabrechnungen hält sich ihr Kontakt zum Medienhaus an der Falkenstrasse in Zürich im Alltag jedoch in Grenzen. Und das ist auch richtig so.
Ein bisschen stolz war ich schon, als ich vor einem Jahr zum ersten Mal ein persönlich adressiertes Couvert der NZZ-Mediengruppe aus meinem Briefkasten holte. Darin steckte nicht etwa eine Abo-Rechnung, sondern mein neuer Arbeitsvertrag. Den schloss ich zwar mit der Luzerner Zeitung AG ab, als Redaktorin der «Urner Zeitung» mit Arbeitsort Altdorf, aber die gehören der NZZ. Das Reiter-Logo auf dem Umschlag, die beigelegte Visitenkarte der HR-Verantwortlichen sowie Spesen- und Arbeitszeitreglement mit der Signatur «NZZ Mediengruppe» gaben mir das Gefühl, nun Teil einer der grössten Mediengruppen der Schweiz zu sein.
In der Zwischenzeit hat sich dieses Gefühl etwas relativiert. Zwar bin ich als Redaktorin bei der «Urner Zeitung» Teil einer Regionalausgabe der «Luzerner Zeitung», die wiederum zum Geschäftsbereich Regionalmedien der NZZ gehört. Doch während der Kontakt zu Luzern durch den täglichen Austausch deutlich spürbar ist, blieb das Zugehörigkeitsgefühl zur NZZ bisher ein Theoretisches.
Zwar flattern regelmässig Infomails oder interne Mitteilungen von der Falkenstrasse in mein E-Mail-Postfach – seit meiner Anstellung im Januar zirka deren 50. Dabei handelt es sich meist um allgemeine Infos der Unternehmenskommunikation, angefangen von einem Reminder hinsichtlich des Code of Conducts der NZZ, über Neuerungen in der IT-Abteilung und im Intranet, neue Tools für Mitarbeitergespräche oder Hinweise über Personalveränderungen.
Mehr als ein Teil des Mailverteilers der NZZ-Mediengruppe bin ich seither aber nie geworden. Das lag nicht etwa an mangelnden Gelegenheiten, von der Höfligasse in Altdorf an die Falkenstrasse nach Zürich zu reisen. Die hätte es nämlich durchaus gegeben. Etwa für den «Welcome-Morning» für neue Mitarbeitende, diverse Informationsveranstaltungen zum Geschäftsgang der Mediengruppe oder zuletzt für den Abschiedsapéro von CEO Veit Dengler, zu dem alle im Verteiler eingeladen wurden.
Doch ich – wie im übrigen auch meine Kollegen der «Urner Zeitung» – habe diese Einladungen jeweils unbeantwortet im Postfach liegen gelassen. Bei aller Zugehörigkeit zur NZZ: In der Praxis ist die Zentrale In Zürich dann doch zu weit weg. Die Kollegen, die ich am «Welcome Morning» hätte kennenlernen können, hätte ich später kaum je wieder getroffen. Und für Veit Dengler wäre ich bloss ein weiteres unbekanntes Gesicht geblieben, das er nach dem Klirren unserer Gläser am Apéro sogleich wieder vergessen hätte. Derweil mein Team womöglich auf eine Geschichte hätte verzichten müssen, weil ich gerade an der Falkenstrasse statt in Altdorf war.
Im Wissen darum, dass die Entscheidungen über meine Arbeitsstelle den umgekehrten Weg gehen, liegen meine Prioritäten als Journalistin im Alltag geografisch andersrum: An erste Stelle kommt für mich Altdorf, dann Luzern, dann Zürich. Nur so kann ich letztlich dafür sorgen, dass mein Lohn auch in Zukunft von Zürich via Luzern für meine Arbeit nach Altdorf kommt.