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Der Murks mit der Medienpolitik

Der Murks mit der Medienpolitik

Wer wissen will, woher der betrübliche Zustand der heimischen Medienlandschaft rührt, liest mit Gewinn den kurzen historischen Abriss zu den letzten vierzig Jahren Medienpolitik und -entwicklung in der Schweiz von Urs Meier im Journal 21. Kundig und faktenreich zeichnet Meier den Gang einer «gut eidgenössischen Pflästerlipolitik» nach, die den Umgang mit den Medien seit je her kennzeichnet. Chancen für einen grossen Schritt nach vorn liess man links liegen. Etwa dann, als ums Jahr 2000 den Privaten der Spielraum hätte zugestanden werden können für eine freie Entfaltung auf dem Markt, bei einer gleichzeitigen kommerziellen Zurückbindung der SRG. «Das Vorbild hierzu gab es längst: das britische Modell mit BBC und Privaten», schreibt Meier. Aber: «Wie bekannt, kam es anders.» Es folgte ein Murks nach dem andern. Ein überfrachtetes Radio- und Fernsehgesetz, eine unsoziale Haushaltabgabe und jetzt «No Billag». Meiers Bilanz: «Die Medien sind wahrhaftig zu wichtig, um politisch auf diesem Niveau traktiert zu werden.»

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Erfahrungsbericht: Ich stand im Auge eines «Shit-Tsunami»

Der Journalist Richard Gutjahr war bei der Amokfahrt am französischen Nationalfeiertag 2016 in Nizza zugegen. Eine Woche später, zurück in München, wird er Zeuge des Amoklaufs im Olympia-Einkaufszentrum. Über beide Attentate berichtete Gutjahr für den ARD. Es sollte indes nicht lange dauern, bis aus der Koinzidenz seiner Gegenwart an beiden Schauplätzen und der Tatsache, dass seine Frau aus Israel stammt, üble Verschwörungsgeschichten gestrickt wurden, die bis heute im Netz kursieren. An der TEDx-Konferenz in Marrakesch bot Richard Gutjahr jüngst einen eindrücklichen Einblick über das Leben im Auge eines «Shit-Tsunami».

Damit es wieder einmal gesagt ist: zur Hölle mit dem Grossraumbüro!

Diese «Hassrede» ist Balsam auf die geistigen und seelischen Wunden aller Grossraumbüro-Geschädigten dieser Welt. Christoph Schäfer von der FAZ zieht eine persönliche Bilanz nach Jahren der Arbeit in modernen Newsrooms, also Grossraumbüros. Und es sind keine schönen Erfahrungen: «Der Gedanke an Flucht in die Einsamkeit der Schweizer Berge erfasste fast alle Großraumkollegen in regelmäßigen und heftigen Schüben.» Ein wichtiger Kritikpunkt ist die mangelnde Hygiene am Arbeitsplatz. Nach dem Motto: geteilte Verantwortung ist keine Verantwortung, versiffen die gemeinsam genutzten Schreibtische. Kaffeetassen bleiben stehen, Müll bleibt liegen, der nächste räumts dann schon weg. Oder eben auch nicht. Doch Schäfer findet bei aller Kritik auch Pluspunkte: «Ein Newsroom ist sinnvoll, wenn es darum geht, in kurzer Zeit mit vielen Beteiligten eine Lösung zu finden.» Was hingegen nicht gehe, sei es «die Mitarbeiter aus reinen Kostengründen zusammenzupferchen.»

Starker Aderlass bei der SDA

Die Nachrichtenagentur SDA muss etwa ein Fünftel ihrer Stellen streichen. Sie begründet dies mit der «sehr schwierigen Lage» der Schweizer Medien.

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Von «Je suis Charlie» ist wenig geblieben

Vor drei Jahren haben mutmasslich islamistische Attentäter elf Mitarbeitende der Redaktion der Satirezeitschrift «Charlie Hebdo» ermordet. Von der nachfolgenden Solidaritäts- und Spendenwelle spürt die Redaktion in Paris nicht mehr viel. «Je suis Charlie» wurde längst von anderen Instant-Bekanntnissen im Netz abgelöst. Das viele Geld ist zwar noch da, brachte aber mehr Zwietracht als eine (Über)lebensperspektive für «Charlie Hebdo». Jürg Altwegg beschreibt in der FAZ das inzwischen triste Dasein der unter Personenschutz arbeitenden Journalistinnen und Journalisten. «Die Spontaneität ist aus unserem Leben verschwunden», sagt Redaktor Fabrice Nicolino: «Es ist ein Leben wie in einer Konservendose.»

Wer würde kommerziell von «No Billag» profitieren?

In gewissen Kreisen der «No Billag»-Gegnerschaft herrscht die Überzeugung vor, dass Tamedia und Goldbach – die jüngst ein Zusammengehen beschlossen haben – zu den grossen Profiteuren nach einem Verschwinden der SRG zählen würden. Die SP-Nationalrätin Jacqueline Badran macht das in zwei ausführlichen Texten zum Thema. Es gibt aber auch Gegenstimmen, die eine andere Prognose stellen, etwa Urs Schneider, Doyen der schweizerischen Mediaplanung und Mitglied im Komitee gegen «No Billag». Schneider sieht internationale Plattformen wie Youtube, Google oder Faceboo als Gewinner. Denn die Werbegelder «würden anstatt in die SRG-TV-Werbung in erster Linie in Online- und Plakat-Werbung fliessen». Was natürlich nicht heisst, dass nicht auch eine Firma wie Goldbach zu den Profiteuren zählen würde. Aber eben nicht ganz so extrem und exklusiv, wie Frau Badran das prognostiziert.