von Nick Lüthi

The Good, The Bad & The Ugly LXXIV

Echo der Zeit, Tamedia, Migros

The Good – So hat Radio Zukunft

Erstmals seit das Schweizer Radio das «Echo der Zeit» auch als digitale Datei bereitstellt, wurde an einem Tag der «Echo»-Podcast-Feed mehr als 100’000 Mal genutzt. Die Streams auf der eigenen Website und via Spotify sind da nicht mitgezählt. Überhaupt nahm die digitale Nutzung der Informationssendungen von «Radio SRF» seit Beginn des Kriegs in der Ukraine deutlich zu.

Im internen Newsletter, der die Rekordwerte dem Radiopersonal mitteilte, sehen die Verantwortlichen die Rolle des Radios als verlässliche Informationsquelle bestätigt: «Was wir von Corona bereits kennen, bewahrheitet sich auch in der Ukraine-Krise.» Seit «Radio DRS» das «Echo der Zeit» vor 17 Jahren erstmals als Podcast angeboten hatte, gehört die traditionsreiche Sendung stets zu den beliebtesten Podcasts in der Schweiz. Seit Anfang 2022 zählt die Sendung jeden Tag im Durchschnitt 65’000 digitale Downloads, wie die SRF-Medienstelle auf Anfrage der MEDIENWOCHE bekannt gibt. Das sind vier Mal mehr als 2016.

Die stetig steigenden Werte bei der digitalen Nutzung helfen die Verluste bei der linearen Verbreitung am Radio zu kompensieren. Damit befindet sich das «Echo der Zeit» auf dem besten Weg, den digitalen Wandel aus eigener Kraft zu schaffen, ganz ohne grossartige Digitalstrategie, einfach wie eh und je mit guten Inhalten und hochstehendem Journalismus.

The Bad – Alles für die Aktionäre

Es gilt die alte Regel aus dem Mediengeschäft: Wirtschaftlicher Erfolg schützt vor Abbau nicht. Am Donnerstag hat die TX Group für das vergangene Jahr einen Rekordgewinn von über 800 Millionen Franken vermeldet. Auch die Bezahlzeitungen von Tamedia trugen mit 18 Millionen Franken zum positiven Ergebnis bei. Erfreulich: Mit der Werbung ging es wieder aufwärts. Weniger erfreulich: Tamedia dreht weiter an der Sparschraube.

Der im vergangenen Jahr erfolgte Ab- und Umbau von Redaktionen in Bern und Zürich, Tamedia spricht von «neuen Formen der Zusammenarbeit», machen erst 40 Prozent des laufenden Sparprogramms im Umfang von 70 Millionen Franken aus. «Selbstverständlich wird dieses Programm bis zum Ende durchgeführt», erklärte Tamedia-Co-Chef Marco Boselli an der Jahresmedienkonferenz. Daran ändere auch das positive Ergebnis von 2021 nichts, denn «wir müssen unsere Kosten auf eine tiefere Basis stellen». Die Aktionär:innen sowie die Besitzerfamilie werden das strikte Kostenregime zu schätzen wissen. Sie sollen 78 Millionen Franken als Dividenden ausgeschüttet erhalten.

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The Ugly – Auf dem Nebenschauplatz verirrt

Die Wortwahl und die Heftigkeit der Wortmeldung irritieren. Auf Anfrage des «Blick» nahm die Migros Stellung zu einer aktuellen Sortimentsanpassung von Konkurrent Lidl. Das deutsche Discountunternehmen nimmt wegen des Kriegs in der Ukraine zwei Spielzeugpistolen aus dem Verkauf und machte dies in seinem Katalog öffentlich. Der Migros-Medienstelle hat es darob den Nuggi rausgehauen: «Wenn es der eigenen Profilierung dient, scheint in diesem furchtbaren Konflikt offensichtlich kein Thema zu gruusig zu sein.» Lidl verharmlose mit dieser symbolischen Aktion den realen Krieg.

Was hat die Migros geritten, dass sie sich aufs hohe Ross schwingt und der Konkurrenz moralische Noten verteilt? Wir hätten es gerne erfahren. Doch Marcel Schlatter, Leiter der Medienstelle des Migros-Genossenschafts-Bunds (Bild), mochte auf diese Frage der MEDIENWOCHE nicht eingehen. «In diesem schrecklichen Krieg werden solche Themen zu Nebenschauplätzen», findet Schlatter. Die Migros wolle sich nun auf die Hilfslieferungen für die Ukraine konzentrieren. Da krebst einer zurück. Schliesslich war es Schlatters Medienstelle, welche die vielleicht hilflose, aber sicherlich gut gemeinte Geste von Lidl zu einer moralisch verwerflichen Aktion hochstilisiert hat.

Leserbeiträge

S. Stettler 12. März 2022, 14:29

Ich könnte mir vorstellen, dass dieser Migros-Mediensprecher einfach keine Lust hatte, wegen diesen vielleicht etwas zu emotionalen Worten nun von Journalisten durch den Kakao gezogen zu werden und er deshalb „zurück krebst“.  Verständlich, wenn man weiß, wie wenig es im heutigen Medienklima braucht, um an den Pranger gestellt zu werden.

 

Dass er mit seiner Aussage im Kern recht hat, weiß übrigen auch jeder, dessen Vorname nicht auf Schneeflocke lautet.

Victor Brunner 14. März 2022, 15:41

«Selbstverständlich wird dieses Programm bis zum Ende durchgeführt», erklärte Tamedia-Co-Chef Marco Boselli. Peinlich, die JournalistenInnen bei TAmedia machen die 3 Affen: Ohren zu, Augen zu, Mund zu! Sie sind nur auf die Aussensicht fixiert, in der Innensicht sind sie totale Versager! Boselli freuts! Sein Bonus dürfte wachsen wenn beim Journalismus noch gespart werden kann! Mein Sparvorschlag: ehrlich sein, die Ausladredaktion abschaffen und nur noch vom Tisch der SZ leben!