Die MEDIENWOCHE ist ein digitales Magazin für Medien, Journalismus, Kommunikation & Marketing. Die Redaktion beobachtet und begleitet publizistisch die Entwicklung der Branche in der Schweiz, verfolgt aber auch internationale Trends. Neben den redaktionellen Eigenleistungen bietet die MEDIENWOCHE mit dem «Medienmonitor» (zweimal wöchentlich) und der wochentäglichen Rubrik «Auf dem Radar» Lektüreempfehlungen aus nationalen und internationalen Medien.
Der Druck gute Stories zu liefern ist extrem hoch. Arbeitszeiten werden nur rudimentär erfasst – Überstunden meist gar nicht. Zudem ist der Lohn tief. Viel zu tief, für das, was man an Lebenszeit hergibt. Die Kritik ehemaliger Journalistinnen und Journalisten am Medienberuf ist heftig derzeit.
Die EU hatte Technologiekonzernen mit verpflichtenden Massnahmen gedroht, für den Fall, dass sie nichts gegen die Verbreitung von Falschnachrichten und illegaler Inhalte im Internet unternähmen. Um eine solche Regulierung zu vermeiden, haben sich nun die Unternehmen Google, Facebook, Twitter und Mozilla auf freiwilliger Basis auf einen Verhaltenskodex geeinigt. Darin verpflichten sie sich unter anderem zu mehr Transparenz bei politischen Anzeigen und zu Investitionen «um relevanten, authentischen und massgeblichen Informationen, wo geboten, in Suchen, Feeds und anderen automatisch geordneten Verteilungskanälen den Vorzug zu geben». Experten halten das Ganze für ein Alibiübung, weil die Bestimmungen im Kodex weder überprüfbar noch erzwingbar seien.
Unter dem Titel «Die Industrialisierung des Journalismus ist dessen Tod» geisselte jüngst der Publizist Matthias Zehnder den Newsroom als Inbegriff eines industrialisierten, seelenlosen Journalismus. Aktueller Hintergrund der Wortmeldung ist der vorgesehene Umzug der SRF-Radioredaktionen aus dem Studio Bern in den TV-Newsroom in Zürich. Zehnder löste damit Widerspruch aus. Alexandra Stark, die selbst mehrere Zeitungsredaktionen bei der Einrichtung neuer Newsrooms beraten hat, kritisiert einen verengten Newsroom-Begriff. Sie sieht darin zuerst einmal «eine Organisationsform, die es erlaubt, den Output journalistischer Inhalte über verschiedene unter einer Marke angebotenen Kanäle besser zu koordinieren.» Natürlich lasse sich mit Newsrooms «viel Unfug» anstellen, aber das sei nicht das Problem der Newsrooms an sich. Worauf Matthias Zehnder wiederum antwortete, der Newsroom konditioniere den Journalismus in jedem Fall: «Ein Newsroom befördert bestimmte Arten des Erzählens und deshalb bestimmte Geschichten.»
Patrizia Leari kennt die Männerdominanz aus eigener Erfahrung: Auf Medienkonferenzen ist die Wirtschaftsjournalistin von SRF regelmässig die einzige Frau, woraus sie logischerweise schliesst: «Wirtschaftsjournalismus ist fest in Männerhand.» Und das habe Folgen für die Berichterstattung: «Und Männer schreiben wiederum vor allem über Männer.» Und das wiederum wirke sich auf die Wirtschaft insgesamt aus: «Die Folge dieser Medienwelt ist, dass sich auch in der Wirtschaftswelt nichts ändert. Wer unsichtbar ist, kommt nirgendwo hin.»
Die Redaktion der Berliner «Tageszeitung taz» diskutiert gerade eine existenzielle Frage – ob Hunde im neuen taz-Haus erlaubt sein sollen oder nicht. Die Geschäftsführung wollte die Tierhaltung am Arbeitsplatz eigentlich verbieten. Doch sie hat die Rechnung ohne die HundebesitzerInnen gemacht: ein Hundesitter sei vom taz-Gehalt nicht finanzierbar, heisst es etwa. Nun beschäftigen sich Redaktionsrat und Betriebsrat mit der Frage.
Die Bösen sind immer die anderen. Über Sexismus in Beruf und Alltag berichten Medien gern und viel, gerade wenn Prominenz am Pranger steht. Geht es aber um die eigene Branche, wird es schnell ruhig. Auch und besonders in der Schweiz. Zeit, den Faden wieder aufzunehmen. Wir Journalistinnen und Journalisten haben viel geschrieben, über #metoo. Aber Weiterlesen …
Die Westschweizer Tageszeitung «Le Temps» wirft einen kritischen Blick auf das interne Geschlechterverhältnis. Dazu dokumentiert die Redaktion den Frauenanteil in verschiedenen Bereichen des Blatts für die ersten vier Monaten des Jahres. Das Ergebnis ist wenig überraschend: Nur gerade bei den porträtierten Personen auf der letzten Seite gibt es eine Frauenmehrheit. Ansonsten dominieren Männer die Berichterstattung. Sei es bei den redaktionellen Kommentaren, wo im Schnitt nur knapp jeder fünfte von einer Redaktorin verfasst wurde. Etwas besser sieht es bei den Gastautorinnen aus und den Expertinnen, die im Blatt vorkommen. Da liegt die monatlich ermittelte Quote bei bis zu 31, respektive 42 Prozent Frauenanteil.
Im Gespräch mit kress.de erklärt Katharina Borchert, ehemalige Geschäftsführerin von Spiegel Online, warum viele Digitalprofis die Medienbranche verlassen und zu Technologiekonzernen wechseln – was sie selbst auch getan hat. Borchert arbeitet als Innovationsleiterin beim Firefox-Entwickler Mozilla. Die Antwort: Viele sähen ausserhalb der Medien eher die Möglichkeit, «Dinge zu bewegen und sich weiterzuentwickeln.» Sie glaube, vielen Medienhäusern fehle ein tiefes digitales Produktverständnis und die erforderliche Produktkompetenz.