Gleiches Ziel, andere Probleme
Bis Ende Jahr verschwinden die Webseiten von Schweizer Radio und Fernsehen. Aus drs.ch und sf.tv wird srf.ch. In der Westschweiz hat der öffentliche Rundfunk bereits vorgemacht, wie eine solche Fusion aussieht. Mit der Konzentration der Online-Aktivitäten werden auch die konvergenten Dachmarken SRF und RTS besser wahrnehmbar. In der Deutschschweiz gilt es hierfür allerdings noch ein paar Hürden zu nehmen.
Diesseits des Röstigrabens praktisch unbemerkt, hat das Westschweizer Radio und Fernsehen RTS kürzlich einen wichtigen Schritt gemacht in Richtung konvergente Medienzukunft: Seit Ende Februar gibt es im Netz nur noch rts.ch. Die neue Plattform ersetzt die bisherigen Seiten für Radio rsr.ch und Fernsehen tsr.ch. Das Ziel mit dieser Neupositionierung sei simpel, schreibt RTS-Direktor Gilles Marchand: «Wir wollen das Publikum mit seinen neuen Praktiken und Erfahrungen beim Medienkonsum begleiten, ihm die Programmauswahl erleichtern: à la carte und mit einem thematischen Zugang.» Im Kern mache genau das die Konvergenz aus, so Marchand.
Als Folge davon wurde die Marke RTS gestärkt. Neben den neuen Online-Hauptrubriken RTSinfo und RTSsport heissen neu auch die beiden Fernsehprogramme RTS Un und RTS Deux. Beim Radio hält man an den bekannten Sendernamen von «La Première» bis «Option Musique» fest, wobei neu der Dachname RTS vorangestellt wird.
Diese Umbenennung setzt auch medienpolitisch ein Zeichen. Mit RTS verzichten die Westschweizer auf das «Romand» in ihren Sendernamen und betonen neu das Gesamtschweizerische; quasi als Idée Suisse après la lettre. Um die Zugehörigkeit zur Frankophonie zu unterstreichen, werden RTS Un und RTS Deux ausgeschrieben und nicht mit Ziffern wie früher in TSR 1 und TSR 2.
Damit hat RTS eine Dachnamenstrategie umgesetzt, die gute Chancen hat, sich in der Praxis zu bewähren. Die neue Webseite fungiert dabei als Klammer, die am deutlichsten zeigt, wie Video, Ton und Text verschmelzen. Unterstrichen wird der konvergente Anspruch mit einer Navigation, die alle möglichen Nutzungsbedürfnisse und Zugangswege berücksichtigt.
Davon ist man in der Deutschschweiz noch ein paar Monate entfernt. Bis Ende Jahr will auch Schweizer Radio und Fernsehen SRF eine im Kern vergleichbare Webstrategie wie bei RTS umsetzen. Doch die Gemeinsamkeiten oder gar Synergien halten sich in Grenzen, wie Christian Schmid sagt. Er ist als Bereichsleiter News-Online beim Schweizer Fernsehen zuständig für die Zusammenführung des Nachrichtenangebots von sf.tv und drs.ch.
«RTS ist kein Vorbild, aber wir lassen uns von der Arbeit der Kollegen in der Romandie inspirieren», sagt Schmid im Gespräch mit der MEDIENWOCHE. «Das sind zwei verschiedene Projekte, zwei Sprachen, zwei unterschiedliche Produkte.» Auch stellten sich nicht die gleichen Fragen bei der Zusammenführung der Radio- und TV-Webseiten in den beiden Sprachregionen. Die Aufgabe in der Deutschschweiz sei unter anderem deshalb komplexer, weil gegenwärtig die Online-Aktivitäten auf vier Studiostandorte verteilt sind (2x Zürich, Bern Basel). In der Westschweiz sind es nur deren Zwei (Genf und Lausanne).
Als Knacknuss erweist sich für SRF zudem die Einführung der Dachmarke. Seit mehr als einem halben Jahr berät sich die Geschäftsleitung – bisher noch ohne Ergebnis, wie es auf Anfrage heisst. Insbesondere die etablierte Radiomarke DRS bereitet Kopfzerbrechen. Anders als in der Westschweiz funktioniert das Voranstellen der neuen konvergenten Dachmarke nicht. «SRF DRS 1» wäre ein Zungenbrecher, während «RTS La Première» locker über die Lippen geht. Gut möglich und auch wahrscheinlich, dass man künftig auf DRS verzichten und die Deutschschweizer Radiokanäle neu betiteln wird.
Zumindest im Web lässt sich SRF als Marke vergleichsweise einfach einführen. Geplant ist unter der Adresse srf.ch, die heute für die Unternehmensseite genutzt wird, ein Nachrichtenportal, wo das gesamte Angebot von Radio, Fernsehen und Online im Schaufenster steht. Zur genauen Struktur und dem Erscheinungsbild kann Christian Schmid noch nicht viel sagen. Nur so viel: «Die neue Seite wird nicht textlastiger als das bisherige Angebot, im Gegenteil.»
Auch sei mit dem Relaunch kein Ausbau der Online-Newsredaktion geplant. Damit spricht Schmid indirekt den Konflikt mit den Verlegern an. Neben einem Werbeverbot fordern die Verleger auch eine Selbstbeschränkung der SRG im Netz auf ein Angebot, das sich eng und streng an den Programmen von Radio und TV orientiert und nicht eigenständig publizistische Akzente setzt.
Zum anderen Konfliktpunkt, der Werbung, kann Schmid nichts sagen: «Die Diskussion um Online-Werbung in den Angeboten von SRF tangiert meine Arbeit nicht.» Wobei es kein Geheimnis ist, dass es auch bei SRF Stimmen gibt, die sich gegen Werbung im Web aussprechen, da diese das Nachrichtenangebot optisch verunstalten würde und sich eine werbefreie Seite von den Nachrichtensites der Verlage abhebt.
Auch abseits der politischen Debatten ist die Aufgabe ausreichend komplex, ein neues Online-Angebot auf die Beine zu stellen. Bereits musste der Relaunch von srf.ch nach hinten geschoben werden, weil der ursprüngliche Fahrplan zu ambitioniert war. Bis Ende Jahr, respektive im Spätherbst, soll die neue Seite aber stehen.