RESSORT

Auf dem Radar

Uwe Tellkamp: Der Schriftsteller im Faktencheck

Es ist das eine, was der Bestseller-Autor Uwe Tellkamp («Der Turm», 2008) für eine Meinung vertritt. Das andere ist aber, wie er sie untermauert. Um Tellkamp ist jüngst eine (Medien)kontroverse entstanden, weil er bei einer Diskussion in Dresden Aussagen zur deutschen Flüchtlingspolitik gemacht hat, wie man sie sonst nur von AfD und weiter rechts hört. Almut Cieschinger hat für «Spiegel Online» noch einmal genauer hingehört und Tellkamps Argumente einer Faktenprüfung unterzogen. Das Ergebnis ist vernichtend. Alle drei Kernaussagen des Schriftstellers basieren «auf falschen Annahmen und Zahlen», oder die These ist «komplett falsch». Bestenfalls hat er in einem Punkt recht, «missachtet aber den Kontext».

Kommunale Medienförderung: Première in Nyon?

Medienpolitik ist zwar Bundessache, was aber nicht heisst, dass nicht auch Kantone und Gemeinden über Handlungsspielraum verfügen, etwa bei der Medienförderung. Ein aktuelles Beispiel für kommunales Handeln liefert das Städtchen Nyon am Genfersee. Die lokale Tageszeitung «La Côte», herausgegeben vom Schweizer Ableger der französischen Groupe Hersant Média, ging jüngst auf die Behörden von Nyon zu mit der Bitte um finanzielle Unterstützung. Erst im Januar hat das Blatt zwei von 19 Stellen gestrichen. Die Stadtregierung reagierte positiv. Daniel Rosellat, langjähriger Stadtpräsident, kommentiert gegenüber der Westschweizer Zeitung «Le Temps»: «Ich würde lieber dafür kritisiert werden, dass ich es versucht habe, als dafür verantwortlich gemacht zu werden, dass ich nichts unternommen habe.» Nun liegt der Ball beim Parlament, das die 120’000 Franken Fördergelder bewilligen muss. Es wäre das erste Mal, dass in der Schweiz in dieser Form Medien unterstützt würden.

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Die Russen haben Facebook nicht «manipuliert»

Geht es um die Einmischung Russlands in die US-Politik, ist schnell die Rede davon, wie Russland Social-Media-Plattformen für seine Propaganda «missbrauche». Joshua A. Geltzer, Rechtsprofessor an der Georgetown Universität, wehrt sich gegen diese irreführende Beschreibung. Russische Kreise hätten Facebook und Twitter genau so genutzt, wie die Unternehmen das vorsehen. Also nicht «missbraucht», sondern einfach gebraucht, wie wir das alle tun. Was auch heisst: Die Plattformen können nicht einfach irgendwelche Hintertüren schliessen, die missbräuchlich genutzt wurden, wenn sie solche Aktivitäten unterbinden möchten, sondern müssten zentrale Funktionen abschalten. Auswege? Transparenz über die Algorithmen und ein aktiveres Eingreifen von Facebook & Co. gegen offensichtliche Missbräuche und Verstösse gegen die Hausregeln.

Im Stahlgezwitscher

Die beiden Autoren Jörg Scheller und Wolfang Ullrich versuchen sich an einem «noch nicht etablierten Genre». Sie rezensieren den Twitter-Account des Medientheoretikers und Philosophen Norbert Bolz. Das erweist sich als sehr ergiebiges Unterfangen. Denn Bolz, der seit sechs Jahren unter dem Motto «Die Wahrheit in einem Satz» twittert, durchlief in dieser Zeit einen politischen Gesinnungswandel, der sich anhand seiner Tweets sehr schön dokumentieren lässt; es ist eine Radikalisierung, die sich nach dem «Flüchtlingsjahr» 2015 abzuzeichnen begann. Zwar finden sich auch heute noch die für Bolz typischen kalenderspruchartigen Sentenzen, wie etwa «Kunst täuscht, ohne zu betrügen». Aber auf den grössten Zuspruch stossen klar seine Äusserungen gegen Merkel, Flüchtlinge und Political Correctness. Bolz hat bei AfD & Co. eine neue Fangemeinde gefunden.
(Aufgrund der grossen Beliebtheit dieses Beitrags, ist gegenwärtig zur die bei Google gespeicherte Version aufrufbar.)

Nachrichten allein sind kein Service public

Die Frage stelle sich gar nicht, ob Unterhaltung und Fiktion zum Angebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu zählen habe. Drehbuchautor Stefan Stuckmann plädiert in der taz für einen weiten Service-public-Begriff, der nicht nur non-fiktionale Formate umfasst. Unterhaltung von Information trennscharf abgrenzen zu wollen, sei widersinnig. Stuckmann nennt zahlreiche TV-Serien der letzten Jahre, denen er einen stärkeren gesellschaftspolitischen Einfluss zuschreibt als klassischen journalistischem Formaten. In den USA könnten Private solche Sendungen produzieren aufgrund eines globalen Markts. In Deutschland dagegen sei kostspielige Serienproduktion nur mit öffentlichen Mitteln möglich – was auf den noch viel kleineren Schweizer Markt bezogen hiesse, dass hierzulande anspruchsvolle fiktionale Produktion erst recht nur subventioniert möglich ist.

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Die Lebensversicherung einer Lokalzeitung

Sie berichten vom unterklassigen Fussballspiel und vom Konzert der Musikgesellschaft, sie tun das für wenig Geld und mit viel Leidenschaft. Freie Mitarbeiter sind für Lokalzeitungen Gold wert. Das Mindener Tageblatt windet ihnen nun ein Kränzchen, betont, wie ohne sie eine breite Berichterstattung über das lokale Leben gar nicht möglich wäre. «Von alt bis jung, vom Experten bis zum Allrounder, vom Akademiker bis zum Arbeiter. Unsere Schreiber müssen genauso vielfältig sein wie unsere Leser», schreibt Lokalredaktorin Nadine Conti.

Als Blocher 2013 bei der BaZ offiziell ans Ruder trat

Bald soll eine denkwürdige Episode der jüngeren Schweizer Mediengeschichte enden: Wenn alles so läuft, wie gut unterrichtete Quellen zitiert werden, dann wird Christoph Blocher seine «Basler Zeitung» noch diese Woche verkaufen. An wen ist noch unklar, entweder (und wahrscheinlicher) an die Zürcher Tamedia oder an die AZ Medien, die offenbar das bessere Angebot vorlegen. Aus diesem Anlass werfen wir noch einmal einen Blick zurück auf den Moment vor knapp fünf Jahren, als Blocher in Basel offiziell ans Ruder trat: «Es ist ein Vollzug längst bekannter Tatsachen», sagte damals der Medienkenner Karl Lüönd. «Damit hat das Versteckspiel ein Ende», kommentierte Lukas Scharpf in der neuen Luzerner Zeitung den Vorgang. Vor seinem Outing war Blocher bereits als «Berater» massgeblich an der Sanierung der Basler Zeitung und ihres Verlags beteiligt. Obwohl er das einst stolze Medienaus bis auf die «nackte Redaktion» heruntersparte, scheint sich das Geschäft mit der BaZ bis heute nicht zu lohnen. Jetzt setzt Blocher voll und ganz auf seine Gratisanzeiger.