RESSORT

Auf dem Radar

Die Verlockung der Formatierung

Wer regelmässig Textdokumente von Dritten bearbeitet, etwa Redaktorinnen oder Redaktoren, die Freelancer betreuen, kann ein Lied davon singen. Was man da zum Teil an «kreativer» Nutzung der Formatierungsbefehle einer Textverarbeitungssoftware zu sehen kriegt, lässt einem die Haare zu Berge stehen. Das weiss auch der langjährige IT-Fachjournalist Matthias Schüssler. Und er weiss auch, wie dem grassierenden Formatierungswildwuchs Einhalt geboten werden könnte. Wer das Arbeiten mit einer Textverarbeitung erlernt, sollte «das nicht mit Word tun, sondern mit einer simplen App ohne Wysiwyg.» Denn die unsachgemässe Verwendung sei auch darauf zurückzuführen, «dass Word die Formatierungsbefehle prominent in der Symbolleiste anbietet, statt sie etwas zu verstecken.»

Lokaljournalismus als kollektive gesellschaftliche Aufgabe

Wie kann eine Gesellschaft dafür sorgen, dass der Lokaljournalismus auch künftig die ihm zugedachte Informations- und Kontrollfunktion ausüben kann für eine funktionierende Demokratie? Die Antwort liefert Lorenz Matzat mit dem Schlussatz seines Artikels: «Auf den freien Markt sollte sie sich nicht verlassen.» Aber worauf denn sonst? Eine einfache Antwort gibt es nicht. Denn alle (Finanzierungs)modelle, egal ob Stiftungesmillionen, Google-Gelder oder öffentlich-rechtliche Mittel, haben klare Grenzen und Nachteile. Einen Anfang machen müsse die Gesellschaft selbst und den Lokaljournalismus «als kollektive Aufgabe verstehen». Das ist sicher richtig, aber nicht einfach, zumal das Image des Lokaljournalismus nicht das beste ist.

Ad Content

Swisscom und IBM «entlasten» überforderte Lehrer

Mit dem neuen Lehrplan 21 wurde auch das Fach «Medien und Informatik» eingeführt, was aber noch lange nicht heisst, dass es dafür auch ausreichend kompetentes Lehrpersponal gibt. Wo das nicht der Fall ist, springen Telecom- und Informatikkonzerne wie Swisscom oder IBM gerne in die Bresche. «Den meisten Eltern ist heute gar nicht bewusst, dass Konzerne wie Swisscom oder IBM nicht nur Computerausstattung und Software in die Schulen bringen, sondern vermehrt auch Lehrmittel, und neuerdings auch breitflächig Elternabende ausrichten», schreibt «Blick»-Redaktorin Claudia Gnehm. Beim Lehrerdachverband LCH halte man die prominente Präsenz von Swisscom & Co. nicht problematisch, «solange sie den Grundregeln der Ausgewogenheit und den qualitativen Anforderungen entsprächen.»

Zum Ende der Ära Somm bei der BaZ

Mit der Einverleibung der «Basler Zeitung» in die Tamedia-Titel endet auch die Ära von Markus Somm, der das Blatt als Chefredaktor während der Eigentümerschaft von Christoph Blocher publizistisch prägte. Aber wer war dieser Mann? Benjamin Rosch von der Lokalkonkurrenz bz Basel versucht eine Annäherung an jene Figur, die in Basel zwar omnipräsent, aber physisch weitgehend abwesend war. Was schnell klar wird: Somm ist ein flexibler Geist, das zeig auch sein politischer Weg von weit links nach weit rechts. Was ihn antreibt, ist der Widerspruch, nicht die Suche nach Konsens. Es greife aber viel zu kurz, schreibt Rosch, Somm als Anti zu skizzieren. «Dafür ist er zu intelligent.» Als Chef verstand sich Somm nach eigenen Aussagen als «Patron», der sich schützend vor seine Redaktion stellte. Künftig wird Somm als Autor bei Tamedia tätig sein. «Wie seine Rolle genau aussehen wird, ist unklar. Zuzutrauen ist ihm alles. Sicher ist: Wo er ist, dort knallts», schliesst Rosch sein Porträt.

Sie wollen mit echten Kriminalgeschichen den Krimiroman ersetzen

Ein «Liebhaberprodukt mit Sammlerwert» soll es werden. Die langjährige MEDIENWOCHE-Autorin Carmen Epp und ihr Lebenspartner Sandro Portmann planen die Herausgabe von «Tatort Schweiz», ein Magazin über Kriminalfälle. Und zwar nicht nur die grossen, spektakulären, von denen alle Medien berichten, sondern «auch Fälle, die in den Tageszeitungen nur mit einer Kurzmeldung abgespiesen werden». Epp und Portmann haben bei ihrer Tätigkeit für Lokalmedien viel Zeit in Gerichtssälen verbracht, sie kennen das Metier, wollen aber nicht nur selbst schreiben, sondern die besten des Fachs zu Wort kommen lassen. Das Heft soll dereinst «den Krimiroman auf dem Nachttisch ersetzen». Um das hoch gesteckte Ziel zu erreichen, brauchen sie Geld, viel Geld. Anders als das Projekt vielleicht vermuten lassen würde, planen die beiden keinen Raubzug, sondern betteln bei den künftigen Leserinnen und Lesern. 200’000 Franken suchen sie auf einer Crowd-Funding-Plattform.

Ad Content

Eine Momentaufnahme der schweizerischen Medienpolitik

Medienpolitik wird seit je her kontrovers diskutiert. Das Meinungsspektrum reicht – wie auch in anderen Politikfeldern – von mehr bis weniger (oder gar kein) Staat. Aktuell bietet sich die seltene Möglichkeit, diese divergierenden Positionen in ihrer ganzen Vielfalt zu analysieren. Das Bundesamt für Kommunikation hat dazu sämtliche Stellungnehmen zur Vernehmlassung für ein neues Gesetz über elektronische Medien auf seiner Website aufgeschaltet. Die Reaktionen auf den Vorentwurf des Bundesrats stammen von A wie Kanton Aargau bis Z wie Zürcher Filmstiftung.

Zwei Westschweizer Redaktionen besuchen sich gegenseitig

Hier die kleine Linksaussen-Tageszeitung «Le Courrier» in Genf, dort das liberale Referenzblatt «Le Temps» in Lausanne. Politisch-publizistisch könnten die beiden Blätter nicht weiter von einander entfernt liegen. Doch zwei Sachen verbinden sie: Beide Titel stehen an je ihrem Pol für die Medienvielfalt der Westschweizer Presse. Und in der Krise sind sich die beiden auch ähnlicher geworden. Oder wie ein «Temps»-Redaktor gegenüber einem «Courrier»-Kollegen gesteht: «Ich habe ‹Le Courrier› immer als eine Zeitung in Schwierigkeiten betrachtet. Jetzt sind wir wie ihr.» Nach dem Vorbild der französischen Zeitungen «Le Figaro» und «Libération» hat je ein Journalist der beiden Westschweizer Redaktionen über die jeweils andere Zeitung berichtet. Die Ergebnisse sind einerseits geprägt von gegenseitigem Respekt, aber auch die Klischees wollen gepflegt sein. Etwa dann, wenn die «Le Temps»-Journalistin über das äussere Erscheinungsbild der «Courrier»-Redaktion schreibt: «Meine Kollegen haben keine Mühe gescheut, sich so anzuziehen, dass sie wie Freiwillige des Evangelischen Sozialzentrums aussehen.»