RESSORT

Auf dem Radar

Er erklärte einst am WEF die Unabhängigkeit des Cyberspace

Mit John Perry Barlow verstarb einer der ganz grossen Vordenker eines freien und offenen Internets. Einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde der frühere Texter der Rockband Grateful Dead mit seiner Unabhängigkeitserklärung des Cyberspace, die er 1996 am WEF in Davos vortrug. Barlow zog darin einen Trennstrich zwischen der alten industriellen Welt der «Giganten aus Fleisch und Stahl», die sich aus dem Cyberspace, dieser «neuen Heimat des Geistes» raushalten sollen. Das Dokument endet mit einer für die Frühzeit des Internets typischen Utopie: «Wir werden im Cyberspace eine Zivilisation des Geistes erschaffen. Möge sie humaner und gerechter sein als die Welt, die Eure Regierungen bislang errichteten.» Barlows vielfältiges Engagement gegen Überwachung und Zensur erstreckte sich in späteren Jahren auch auf den Kampf für Pressefreiheit. Zusammen mit dem Whistleblower Daniel Ellsberg («Pentagon Papers») gründete er 2012 die Freedom of the Press Foundation.

Burma: Wenn der Algorithmus die Medienfreiheit unterläuft

Nach Jahrzehnten der Zensur unter dem Militärregime kennt Burma nun freie Medien. Dazu gehört auch, dass sich die Leute informieren können, wie und wo sie wollen. Am liebsten tun sie das auf Facebook. 30 der gut 50 Millionen Einwohner des Landes nutzen das soziale Netzwerk. Und dort kriegen sie wenig mit von dem, was international für Schlagzeilen sorgt: die Vertreibung der muslimischen Minderheit der Rohingya durch die buddhistische Mehrheitsbevölkerung im Norden des Landes. «Was Burmesen in Rangun auf Facebook sehen, ist eine Parallelwelt. In ihrem Newsfeed finden keine Säuberungen statt. Stattdessen beschützt die angeblich heldenhafte Armee das Land vor islamistische Terroristen», beschreibt Lukas Messmer die Wirkung von Facebook in Burma im SRF-Magazin «10 vor 10».

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Fördermöglichkeiten für Zeitungen im neuen Mediengesetz vorgesehen

Die Medienpolitik kommt nicht zur Ruhe. Nach «No Billag» wird das geplante Mediengesetz für die nächste Grundsatzdebatte sorgen. Damit soll das geltende Radio- und Fernsehgesetz abgelöst werden. Gemäss dem wenigen, was bereits bekannt ist, soll es künftig auch möglich sein, Online-Medien und Zeitungen mit Geldern aus der Medienabgabe zu unterstützen. Die Gegner einer solchen Ausweitung des Service public sehen dafür gar keine Verfassungsgrundlage und lehnen das Mediengesetz ab. Es sind dies die gleichen Kreise, welche die Gebühren ganz abschaffen wollen.

Direkt, konfrontativ, spontan: Radionachrichten in der Romandie klingen anders

Wer es nicht selbst schon gehört hat, kann hier nachlesen, wie gross der Unterschied zwischen den Informationshintergrund-Sendungen der Radios in Deutsch- und Westschweiz sind: Hier das behäbige «Echo der Zeit» von Radio SRF, das sich dank eines grossen Korrespondentennetzes vor allem der Weltpolitik widmet, dort das «Forum» von Radio RTS, das dank Doppelmoderation dynamischer wirkt und sich stärker der Innen- und Lokalpolitik zuwendet. Antonio Fumagalli hat genauer hingehört und in der Aargauer Zeitung auch eine Erklärung parat, warum die Romands am Radio lockerer wirken: Sie reden in ihrer Muttersprache, während in der Deutschschweiz nicht in Dialekt, sondern Standardsprache gesendet wird.

Er brachte das System des Staatsdopings in Russland ans Licht

Der Journalist Hajo Seppelt hat mit seinen Recherchen zum systematische Einsatz von Doping im russischen Spitzensport vieles in Bewegung gebracht und nicht zuletzt dafür gesorgt, dass das Thema einen angemessenen Raum in den Medien erhält. Das war nicht immer so. Nachdem Seppelt den unkritischen Sportjournalismus der ARD kritisiert hatte, wurde er 2005 entlassen. Zwei Jahre später, nach einem Chef- und Klimawechsel, wird er zurückgeholt. 2007 wird die ARD-Dopingredaktion begründet. Den grössten Coup landete Seppelt 2014 mit der TV-Dokumentation «Geheimsache Doping – Wie Russland seine Sieger macht», wo er die Informationen des Ehepaars Julia und Witali Stepano auswertete; sie frühere Spitzenläuferin, er ehemaliger Dopingkontrolleur in Russland und beide nun Whistleblower. Warum Seppelt das macht? Sein Credo lautet: «Ich will, dass Zuschauer ernst genommen und nicht für dumm verkauft werden. Ich will, dass aus den Rundfunkgebühren nicht ungewollt Sportbetrug mitfinanziert wird. Ich will, dass Journalisten nicht auf dem Schoss von Trainern und Sportlern sitzen. Ich will, dass der Betrug im Sport beim Namen genannt wird.» Ariel Hauptmeier, Textchef des Online-Magazins «Republik», kennt Seppelt persönlich und hat den Investigativjournalisten nun im Rahmen Serie «Geheimsache Doping» porträtiert.

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So wichtig ist die SDA für die Berichterstattung der Schweizer Medien

Man ahnt es bei einem genaueren Blick in Schweizer Zeitungen und auf News-Sites: Ein Grossteil der Meldungen stammt von der Nachrichtenagentur SDA. Das Forschungsinstitut Öffentlichkeit und Gesellschaft fög hat untersucht, in welchem Mass die Redaktionen Agenturbeiträge verwenden. Am meisten SDA-Meldungen nutzen die News-Sites der SRG, sowie die Gratiszeitung «20 Minuten». Bei beiden liegt der Anteil bei rund 50 Prozent ihres Inhalts. Aber auch Regionalzeitungen, wie die Basler oder die Berner Zeitung, bestreiten einen Grossteil ihrer Berichterstattung mit Agenturmaterial. «Ein Abbau oder Strategiewechsel hin in Richtung Gewinnmaximierung dürfte deshalb weitreichende Folgen» haben, folgern die Autoren der Studie. Die Frage, welche Strategie die SDA in Zukunft verfolgt, dürfe darum «nicht nur eine medienökonomische Frage sein.»

Ein EU-Leistungsschutzrecht nach deutschem Vorbild?

Das sogenannte Leistungsschutzrecht, das in Deutschland die Verlage gegenüber Suchmaschinen und Newsaggregatoren stärken sollte, war ein gesetzgeberischer Murks und verfehlt heute sein ursprüngliches Ziel. Mehrere Studien zeigen, dass der urheberrechtliche Schutz von Textausschnitten, wie sie die Ergebnislisten von Suchmaschinen anzeigen, den Verlagen keine nennenswerten Zusatzeinnahmen gebracht hat. Verschiedene Suchmaschinen verzichten einfach darauf, so geschützte Inhalte anzuzeigen und vermeiden damit die Entschädigungspflicht. So läuft das Schutzrecht ins Leere. Dennoch soll nach deutschem Vorbild auf EU-Ebene ein Leistungsschutzrecht eingeführt werden. Das zumindest strebt die aktuelle bulgarische Ratspräsidentschaft an. Auch wenn es den Verlagen keine zusätzlichen Einnahmen bringt, so entfaltet der urheberrechtliche Schutze eine Wirkung: Den Verlagen «gehe es darum, dass die Nutzer die Nachrichtenseiten direkt aufsuchen müssten und nicht mehr über Suchmaschinen oder Aggregatoren auf die Inhalte gelangten», zitiert Friedhelm Greis den Wirtschafts- und IT-Rechtler Thomas Höppner.